Schalast | News

Keine Berufung auf das Bankgeheimnis bei Auskunftsanspruch wegen Markenrechtsverletzung

30.07.2015, News

Am 16. Juli 2015 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden, dass Banken sich nicht auf das Bankgeheimnis berufen können, wenn sie wegen einer Markenrechtsverletzung auf Auskunft über den Verletzer in Anspruch genommen werden.

In dem Fall erwarb die deutsche Lizenznehmerin von „Davidoff Hot Water“ über eBay ein ihrer Ansicht nach markenrechtsverletzendes Parfum. Um den Verkäufer der Ware ausfindig zu machen, verlangte sie von dessen Bank Auskunft über Name und Anschrift des Verkäufers (nach § 19 Abs. 2 MarkenG). Die Bank verweigerte die Auskunft unter Berufung auf das Bankgeheimnis. Während das Landgericht den Auskunftsanspruch gewährte, lehnte das Berufungsgericht den Anspruch ab, weil der Bank kraft ihres Gewerbes ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zustehe. Der Bundesgerichtshof setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob der markenrechtliche Auskunftsanspruch (§ 19 Abs. 2 MarkenG) mit der Möglichkeit der Berufung auf Zeugnisverweigerungsrechte mit der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (2004/48/EU) vereinbar sei. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass Artikel 8 der Richtlinie dem § 19 Abs. 2 MarkenG entgegenstehe, da er Banken unbegrenzt und bedingungslos gestatte, eine Auskunft über den Verletzer zu verweigern. Die Regelung des § 19 Abs. 2 MarkenG gewährleiste keinen wirksamen Rechtsschutz hinsichtlich der Rechte des geistigen Eigentums. Auch das Recht des Verletzers auf Schutz seiner personenbezogenen Daten (Bankdaten) rechtfertige es nach Ansicht des EuGH nicht, den Auskunftsanspruch generell auszuschließen. So soll der Bundesgerichtshof nunmehr prüfen, ob nicht andere zumutbare Wege bestehen, die begehrte Auskunft zu erlangen. In dem Vorlagebeschluss vom Oktober 2013 hatte der Bundesgerichtshof die Interessen der Lizenznehmerin an einem effektiven Rechtsbehelf höher bewertet als die Geheimhaltungsinteressen der Bank. Soweit der Bundesgerichtshof dabei bleibt und andere Wege gegenüber dem Auskunftsanspruch für unzumutbar hält, würde dies den Auskunftsanspruch stärken. 

Diese Vorabentscheidung des EuGH ändert die bisherige Rechtsprechung zu Auskunftspflichten der Banken. Während bisher die deutsche obergerichtliche Rechtsprechung den Auskunftsanspruch wegen Berufung auf das Bankgeheimnis ablehnte, kann die Auskunft zumindest über Namen und Anschrift des Kontoinhabers künftig nicht mehr unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigert werden. Gegebenenfalls könnten künftig auch weitere Auskunftsansprüche gewährt werden (z.B. Mitteilung von Umsatzdaten). Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen: Diese Stärkung des Auskunftsanspruchs hilft beispielsweise dem Markeninhaber, Produktfälschungen, vor allem auch im Internet, effektiver zu verfolgen. Jedoch profitieren auch andere Inhaber von geistigem Eigentum davon, da die urheber-, patent- und designrechtliche Auskunftsansprüche dem markenrechtlichen gleichen. Auch die Konsequenzen für Banken sind nicht unbeachtlich, beschränkt die Entscheidung des EuGH die Berufung auf das Bankgeheimnis weitaus stärker als die bisherige Rechtsprechung.

Durch die enge Verzahnung unseres Bankrechtsteams und unserer Praxisgruppe IT, IP & Compliance beraten wir Sie sehr gerne insbesondere auch zu allen Fragen an den Schnittstellen zwischen Bankrecht und gewerblichen Rechtsschutz sowie Daten- und Geheimnisschutzrecht im weitesten Sinne. Die (rasche) Beantwortung dieser Fragen scheint uns aus zivilrechtlicher Sicht sinnvoll aber vor allem aus straf- und verwaltungsrechtlicher Perspektive dringend geboten zu sein.