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Austrittsabkommen, alles wie bisher oder nationale Notlösungen: Welches Recht gilt ab April?

18.03.2019, News

14 Tage bevor die reguläre Frist von zwei Jahren abläuft, binnen der trotz der Mitteilung des Vereinigten Königreiches vom 29.03.2017 an den Europäischen Rat, die Europäische Union verlassen zu wollen Europäisches Recht anwendbar bleibt, sind zwei Dinge im Unterhaus des Parlaments des Vereinigten Königreiches mehrheitsfähig: (i) Ein Brexit ohne Austrittsabkommen soll nicht stattfinden und (ii) der von der Regierung mit der EU ausgehandelte Entwurf des Austrittsabkommens wird abgelehnt.

Was bedeutet das für Banken und Finanzdienstleister? Im Rechtsverkehr zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich ist ab April 2019 und bis auf weiteres eines von drei Regelsets anwendbar:

  • Kommt ein Austrittsabkommen doch noch zu Stande, gelten die Übergangsregeln des Austrittsabkommens (hierzu unten I.);
  • kommt ein Verlängerungsbeschlusses nach Art. 50 (3) EUV zu Stande, gelten bis auf weiteres Regeln wie bisher (II.);
  • kommt weder ein Austrittsabkommen noch ein Verlängerungsbeschluss zu Stande, gelten behelfsweise erlassene nationale Übergangsregeln (III.).

I. Austrittsabkommen

In zwei Abstimmungen war der von den Europäischen Unterhändlern mit der Regierung des Vereinigten Königreiches verhandelte Entwurf des Austrittsabkommens im Unterhaus des Parlaments des Vereinigten Königreiches nicht mehrheitsfähig. Bis spätestens Mittwoch will Theresa May ein drittes Mal über den Entwurf abstimmen lassen. In Streit stehen die Regelungen zur Frage der Grenze zwischen Nord und Südirland. Unabhängig davon, wann ein Austrittsabkommen zu Stande kommt werden demgegenüber wohl die Art. 126 ff. der vorab veröffentlichten Vorversion des Entwurfs des Austrittsabkommens unverändert in Kraft treten:

Für einen Übergangszeitraum, der am 31.12.2020 (Art. 126 des Entwurfes) oder bei Verlängerung (Art. 126 des Entwurfes) spätestens am 31.12.2022 endet, würde Unionsrecht gelten, einschließlich der Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten, die diese in ihrer Eigenschaft als Mitgliedstaaten der Union geschlossen haben für das Vereinigte Königreich sowie im Vereinigten Königreich. Dies bedeutet, dass das Vereinigte Königreich weiterhin als Mitgliedstaat behandelt würde und entsprechend auch nationale Regelungen zur Anerkennung von Lizenzen zur Erbringung erlaubnispflichtiger Leistungen (Passporting Regeln) weiterhin Anwendung fänden.

II. Verschiebung des Brexit

Als wahrscheinlicher gilt eine Verschiebung des Brexit. Erforderlich hierzu ist gemäß Art. 50 (3) EUV das Einvernehmen des Parlaments des Vereinigten Königreiches und ein einstimmiger Beschluss der Europäischen Regierungschefs (des Europäischen Rates) welcher bei dem für Donnerstag und Freitag angesetzten Treffen getroffen werden könnte.

Im Falle einer Verschiebung des Brexit bleibt für den Zeitraum der Verschiebung alles wie gehabt.

III. Mindestkontinuität durch nationale Übergangsregeln

Kommt ein Beschluss nach Art. 50(3) EUV mangels Rückhaltes im Parlament des Vereinigten Königreiches oder auf Grund des Vetos eines Mitglieds des Europäischen Rates nicht zu Stande, oder kommt auch bis zum gemäß Art. 50 (3) EUV verschobenen Brexit-Datum kein Austrittsabkommen zu Stande, bedeutet dies einen sogenannten harten Brexit. Für diesen Fall trifft ein auf zwei Referentenentwürfen aus dem Bundesfinanzministerium basierender Gesetzentwurf der Bundesregierung, den der Bundestag am 22.02.2019 beschlossen hat und dem der Bundesrat am vergangenen Freitag, den 15.3.2019 zugestimmt hat, Übergangslösungen. Auch Frankreich, Spanien, Italien, die Niederlande und Irland haben Übergangregelungen vorbereitet.

Das in Deutschland verabschiedete „Gesetz über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union" („Brexit-Steuerbegleitgesetz - Brexit-StBG") soll nach Unterzeichnung durch den Bundespräsident kommenden Freitag den 29.03.2019 in Kraft treten und beinhaltet unter anderem folgendes:

Regelungen zum Passporting – § 53b Abs. 12 KWG / § 39 Abs. 8 ZAG:

Ermächtigung der BaFin, die Anwendung der Vorschriften zum europäischen Pass für Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich, die zum Zeitpunkt des Austritts unter Nutzung des europäischen Passes über eine Zweigniederlassung oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs in Deutschland Bankgeschäfte betreiben, Finanzdienstleistungen anbieten oder als Zahlungs- oder E-Geld Institute tätig waren, für bis zu 21 Monate (bei einem Brexit ohne Austrittsabkommen Ende diesen Monats also bis zum 31.12.2020) ganz oder teilweise anzuordnen, wenn dies der Vermeidung von Nachteilen für die Funktionsfähigkeit oder die Stabilität der Finanzmärkte oder Zahlungsverkehrsmärktedient und es sich um Geschäfte oder Dienstleistungen handelt, die in engem Zusammenhang mit zum Zeitpunkt des Austritts bestehenden Verträgen stehen.

Die Zahlungs- und E-Geld Institute betreffenden Regelungen wurden erst im Rahmen der Beratungen des Regierungsentwurfes im Bundestag eingefügt und ermöglichen Zahlungs- und E-Geld Instituten mit Sitz im Vereinigten Königreich, sofern nicht bereits geschehen, noch eine Erlaubnis nach dem Recht eines Mitgliedsstaates zu beantragen.

Regelungen zum Wertpapierrecht – § 102 WpHG:

Ermächtigung der BaFin, für bis zu 21 Monate die für in Drittstaaten ansässige Betreiber von Märkten für Finanzinstrumente geltende Erlaubnispflicht für im Vereinigten Königreich ansässige Betreiber zu suspendieren.

Regelungen zum Passporting von Versicherungen – § 66a VAG:

Ermächtigung der BaFin, die Anwendung der Vorschriften zum europäischen Pass zum Schutz der Versicherungsnehmer für die Zwecke der Abwicklung der bis zum Brexit abgeschlossenen Versicherungsverträge auf Versicherungsunternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich für entsprechend anwendbar zu erklären.

Regelungen zum Arbeitsrecht – § 25a (5a-c) KWG:

Der Entwurf zum Brexit-StBG enthält darüber hinaus eine Schwächung des Kündigungsschutzes für Risikoträger bedeutender Institute, deren jährliche fixe Vergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung überschreitet: Im Falle einer in erster Instanz erfolgreichen Kündigungsschutzklage kann der Arbeitgeber einen in Abweichung von § 9 KSchG unbegründeten Antrag bei Gericht stellen, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen.

Für weitere Informationen und Unterstützung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.