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Organhaftungsrecht in der Aktiengesellschaft – Fortführung der ARAG/Garmenbeck Rechtsprechung zur Regelverfolgungspflicht des Aufsichtsrates

28.03.2019, News

In seiner viel beachteten und diskutierten Entscheidung ARAG/Garmenbeck (BGH Urteil vom 21.04.1997 – II ZR 175/95; NJW 1997, 1926) hat der Bundesgerichtshof zur Pflicht des Aufsichtsrats zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder geurteilt und dabei insbesondere entschieden, dass der Aufsichtsrat aufgrund seiner Aufgabe, die Tätigkeit des Vorstands zu überwachen und zu kontrollieren, die Pflicht hat, das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der AG gegenüber Vorstandsmitgliedern eigenverantwortlich zu prüfen, wobei im Rahmen der Prüfung der dem Vorstand zuzubilligende weite Handlungsspielraum zu berücksichtigen ist (Stichwort: Business Judgement Rule). Weiterhin wurde festgestellt, dass der Aufsichtsrat, sollte er zu dem Ergebnis gelangen, dass sich der Vorstand schadensersatzpflichtig gemacht hat, aufgrund einer sorgfältigen und sachgerecht durchzuführenden Risikoanalyse abzuschätzen hat, ob und in welchem Umfang die gerichtliche Geltendmachung zu einem Ausgleich des entstandenen Schadens führt. Kommt der Aufsichtsrat hiernach zu dem Ergebnis, dass durchsetzbare Schadensersatzansprüche bestehen, hat der Aufsichtsrat nach der genannten Entscheidung des BGH diese Ansprüche grundsätzlich zu verfolgen. Hiervon darf lediglich eine Ausnahme gemacht werden, wenn gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls dagegen sprechen und diese Umstände die Gründe, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind.

Diese Rechtsprechung hat der BGH in einem neueren Urteil (BGH, Urteil vom 18.09.2018 – II ZR 152/17; NZG 2018, 1301) bestätigt und im Hinblick auf die bislang offen gelassene Frage des Verjährungsbeginns von Ansprüchen gegen den Aufsichtsrat wegen Verjährenlassens von Ersatzansprüchen der AG gegenüber Vorstandsmitgliedern präzisiert.

Wie dargestellt sind Aufsichtsratsmitglieder nach der ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung als Ausfluss der Aufgabe des Aufsichtsrats, die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen (§ 111 Abs. 1 AktG) verpflichtet das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der AG gegenüber Vorstandsmitgliedern aus der organschaftlichen Tätigkeit zu prüfen und, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen und keine gewichtigen Gründe des Gesellschaftswohls dagegen sprechen, diese als Vertreter der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich zu verfolgen.

In Konsequenz kann sich der Aufsichtsrat, kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, der Gesellschaft nach §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 S. 1 AktG zum Schadensersatz verpflichtet sein.

Bisher nicht entschieden war, wann die Verjährung eines solchen Schadensersatzanspruches beginnt. Hierzu hat nun der BGH in seiner Entscheidung aus 2018 entschieden, dass die Verjährung auch eines solchen Anspruches nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 200 S. 1 BGB mit der Entstehung des Anspruches beginnt. Dabei entsteht der Anspruch in demjenigen Zeitpunkt, in dem etwaigen Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen das Vorstandsmitglied die Einrede der Verjährung wirksam entgegengehalten werden kann. Offengelassen hat der BGH dabei, ob es sich bei dem Unterlassen der Anspruchsgeltendmachung durch den Aufsichtsrat um eine einheitliche Dauerhandlung – von der erstmaligen Nichtgeltendmachung der Ansprüche gegen den Vorstands bis zu deren Verjährung – oder als wiederholte Unterlassungen mit jeweils einzeln verursachten Schäden anzusehen ist, da in beiden Fällen die Pflichtverletzung gemäß §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 S. 1 AktG in dem Zeitpunkt entstehen, in dem etwaige Ersatzansprüche der AG gegen der Vorstand verjährt sind.

Klarstellend führt der BGH weiterhin aus, dass dies auch gilt, wenn der Ersatzanspruch der AG gegen das Vorstandsmitglied darauf beruht, dass diese Einlagen an das Aufsichtsratsmitglied in seiner Rolle als Aktionär zurückgewährt hat. Damit wurde auch einer entsprechenden Anwendung der Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn für die Haftung eines GmbH-Geschäftsführers wegen Verjährenlassens von Rückforderungsansprüchen der Gesellschaft nach § 31 GmbHG (wie noch von der Vorinstanz herangeführt) eine Absage erteilt.
Ein entsprechender Anspruch der Gesellschaft gegen den Aufsichtsrat ist wiederum nach allgemeinen Regeln durch die AG vertreten durch den Vorstand geltend zu machen.

Sollten Sie Mitglied eines Aufsichtsrates sein, oder eine Bestellung als Mitglied des Aufsichtsrates bevorstehen beraten wir Sie sehr gerne detailliert über Ihre Rechte und Pflichten sowie die damit einhergehenden rechtlichen Risiken – auch vor dem Hintergrund der angesprochenen Entscheidung des BGH.

Sprechen Sie uns gerne jederzeit an.