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Rechtliche Auswirkungen des Corona Virus (Covid-19) für Ihr Unternehmen - Update

06.05.2020, Germany, Frankfurt

Ist Ihr Unternehmen auf die rechtlichen Implikationen des Corona-Virus vorbereitet? Was gilt es zu beachten? Besteht Handlungsbedarf?

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sieht die Coronavirus-Pandemie als größte Gefahr für die globale Wirtschaft seit der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren. Nach wie vor sind zahlreiche Branchen von den Auswirkungen betroffen, auch wenn inzwischen erste Lockerungsmaßnahmen in Deutschland und den europäischen Nachbarstaaten ergriffen werden. Die dennoch weiterhin grassierende Pandemie begründet zahlreiche Risiken für die Wirtschaftsaussichten von Unternehmen unterschiedlichster Branchen und das Funktionieren der Finanzmärkte.

Im Folgenden möchten wir auf die möglichen Auswirkungen hinweisen, um vor allem eine Geschäftskontinuität sicherzustellen und Gefahren rechtzeitig zu erkennen und, wenn möglich, zu beseitigen. Bei allen Fragen und Überlegungen unterstützen wir Sie jederzeit sehr gerne.

Wir aktualisieren diesen Text regelmäßig (Stand 6. Mai 2020).

Im Einzelnen

 

1. Temporäre gesetzgeberische Maßnahmen im Insolvenz-, Darlehens- und Mietrecht

Mit dem Entwurf des Corona-Insolvenz-Aussetzungsgesetz – CorInsAG (BT-Drucks. 19/18110) wurde im März ein umfangreiches Maßnahmenpaket zum Schutze von Unternehmen, Mietern und Darlehensnehmern verabschiedet. Die Maßnahmen sind im Wesentlichen bis zum 30. Juni 2020 befristet, der Bundesregierung wird aber aufgrund der Unvorhersehbarkeit des Verlaufs der Covid-19-Pandemie die Möglichkeit eingeräumt, Maßnahmen bis zum 30. September 2020 und ggf. auch darüber hinaus zu verlängern.

Die Eingriffe sind sehr weitreichend. Im Einzelnen:

Insolvenzrecht

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Die behördlich verordneten Betriebseinstellungen sowie die wirtschaftlichen Entwicklungen der Corona-Pandemie können seitens der Wirtschaftsunternehmen und Unternehmer zu akuten Liquiditätsschwierigkeiten führen.

Bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern führt dies schnell zur Pflicht der Geschäftsleiter, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a InsO). Diese Pflicht ist straf- und haftungsbewehrt. Darüber hinaus bestehen gesellschaftsrechtliche Zahlungsverboten bei eingetretener Insolvenzreife (§ 64 S. 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 S. 1 AktG, § 130a Abs. 1 S. 1, auch i.V.m. § 177a S. 1 HGB und § 99 S. 1 GenG). Auch die Vorstände von Vereinen unterliegen haf-tungsbewehrten Insolvenzantragspflichten (§ 42 Abs. 2 BGB).

Das CorInsAG setzt hierbei an und setzt die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote bis zum 30. September 2020 aus, es sei denn die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie oder es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Die Aussetzung der Zahlungsverbote erfolgt technisch dadurch, dass Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne der § 64 S. 2 GmbHG, § 92 Abs. 2 S. 2 AktG, § 130a Abs. 1 S. 2, auch i.V.m. § 177a S. 1, HGB und § 99 S. 2 GenG vereinbar gelten sollen.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht stellt aus der Sicht der Unternehmen wie auch volkswirtschaftlich eine effektive Schutzmaßnahme dar.

Auch aus der Sicht der Darlehensgeber ist die Änderung zu begrüßen. Darlehensgeber haben nämlich in der Regel ein Interesse, dass ihre Darlehensnehmer nicht aufgrund von Ereignissen außerhalb der Kontrolle der Darlehensgeber, welche durch außerordentliche temporäre Umstände ausgelöst werden, Insolvenz anmelden müssen.

Aussetzung des Insolvenzantragsrechts

Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird auch das Recht der Gläubiger suspendiert, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen kann im Verordnungswege bis zum 31. März 2021 verlängert werden.

Zwar schützt der Ausschluss des Gläubigerantragsrechts die Darlehensnehmer. Für Darlehensgeber stellt diese Aussetzung bei bestimmten Darlehensstrukturen aber eine materielle Einschränkung dar. Speziell bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen sind die Insolvenz der Immobiliengesellschaft (Property Company / PropCo) und der Abschluss einer Verwertungsvereinbarung bzw. Vereinbarung einer kalten Zwangsverwaltung (Realisation Agreement) nämlich die bevorzugte Verwertungsstrategie.

Aussetzung der Insolvenzanfechtung

Für Kreditgeber ist die Gewährung von Krediten an insolvenznahe Darlehensnehmer mit dem Risiko verbunden, dass im Falle der späteren Insolvenz des Darlehensnehmers die Sicherheiten zurückzugewähren sind.

Dieses Risiko soll durch das CorInsAG dadurch gemindert werden, dass bestimmt ist, dass Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar sind.
Dies gilt allerdings nicht, wenn dem anderen Teil bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind. Der Anfechtungsausschluss gilt entsprechend für Leistungen an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber, Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners, die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist, die Verkürzung von Zahlungszielen und die Gewährung von Zahlungserleichterungen.

Für Kredite, die von der KfW und ihren Finanzierungspartnern oder von anderen Institutionen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der Covid-19-Pandemie gewährt werden, gilt dies auch dann, wenn der Kredit nach dem Ende des Aussetzungszeitraums gewährt oder besichert wird, und unbefristet für deren Rückgewähr.

Hierdurch sollen Anreize geschaffen werden, Unternehmen, die durch die Covid-19-Pandemie in Schwierigkeiten geraten, weiter mit Krediten zu versorgen.

Aussetzung des insolvenzrechtlichen Nachrangs

Gewähren Gesellschafter einer Gesellschaft ein Darlehen, sind die Forderungen der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft in der Regel nachrangig (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Zahlungen an den Gesellschafter sind entsprechend anfechtbar (§ 135 Abs. 1 InsO), und es bestehen Beschränkungen im Falle von Bürgschaften oder Sicherheiten der Gesellschafter (§ 135 Abs. 2 InsO, § 44a InsO).

Das CorInsAG setzt hierbei an und bestimmt, dass die bis zum 30. September 2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite als nicht gläubigerbenachteiligend gilt. Dies gilt auch für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Zahlungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nicht aber deren Besicherung; § 39 Abs. 1 Nr. 5 und § 44a InsO finden insoweit in Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, die bis zum 30. September 2023 beantragt wurden, keine Anwendung.

Nur eingeschränkt adressiert: Lender Liability

Die Darlehensvergabe oder -verlängerung für Unternehmen in insolvenznahen Situationen ist für Kreditgeber prinzipiell mit erhöhten Risiken verbunden. Im äußersten Fall kann eine Haftung wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung und eine Haftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§§ 138, 826 BGB) aufgrund der Darlehensvergabe oder -verlängerung drohen (sog. Lender Liability).

Das CorInsAG will dieses Risiko dadurch mindern, dass bestimmt ist, dass eine bis zum 30. September 2023 erfolgte Kreditgewährung und Besicherung nicht als nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen ist. Für Kredite, die von der KfW und ihren Finanzierungspartnern oder von anderen Institutionen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der Covid-19-Pandemie gewährt werden, gilt dies auch dann, wenn der Kredit nach dem Ende des Aussetzungszeitraums gewährt oder besichert wird, und unbefristet für deren Rückgewähr.

Es ist aber davon auszugehen, dass die Vorschrift die Risiken einer Lender Liability nur teilweise mindert, aber keinesfalls gänzlich beseitigt. Die Neuvergabe oder der Verlängerung von Krediten an Unternehmen aus von der Corona-Krise besonders betroffenen Branchen ist weiterhin grundsätzlich möglich und auch volkswirtschaftlich geboten. Auf Bankenseite ist in diesen Fällen aber weiterhin ein erhöhter Prüfungs- und Dokumentationsaufwand angebracht. Bitte sprechen Sie uns gerne jederzeit an.

Aussetzung des Versagens von Restschuldbefreiungen

Bei natürlichen Personen, die keiner Insolvenzantragspflicht unterliegen, kann die Unterlassung eines Insolvenzantrags zur Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO führen.

Das CorInsAG bestimmt daher, dass bei natürlichen Personen als Schuldner § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass auf die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden kann.

Stundung von Kreditforderungen

Hintergrund, Regelungszweck und Anwendungsbereich

Die Covid-19-Pandemie führt bereits dazu und wird in Zukunft noch verstärkt dazu führen, dass Privatpersonen und Unternehmen Zins- und Tilgungsleistungen unter Darlehensverträgen nicht oder nicht mehr vollständig fristgemäß erbringen können. Hierdurch wird unter Darlehensverträgen mit der Nichtzahlung in aller Regel der wichtigste Kündigungsgrund ausgelöst.

Das CorInsAG will in dieser Situation die Darlehensnehmer schützen und verhindern, dass Darlehen verzugsbedingt gekündigt und bestellte Sicherheit verwertet werden. Anders als noch im Regierungsentwurf vom 20. März 2020 vorgesehen, gilt die nachfolgende Regelung nur für Verbraucherdarlehensverträge, nicht aber für Darlehensverträge mit Unternehmern. Der Bundesregierung wird aber die Möglichkeit eingeräumt, im Wege einer Verordnung die Regelungen auf weitere Gruppen von Darlehensnehmern (insbesondere Kleinstunternehmen i.S.d. Art. 2 Abs. 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der EU-Kommission) zu erstrecken.

Die nachfolgenden Regelungen gelten entsprechend für den Ausgleich und den Rückgriff unter Gesamtschuldnern nach § 426 BGB.

Gesetzliche Stundung

Zu dem vorgenannten Zweck ist vorgesehen, dass für Darlehensverträge, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden, Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden, wenn der Darlehensnehmer aufgrund der durch die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist.

Als nicht zumutbar gilt die Erbringung der Leistung insbesondere dann, wenn sein „angemessener Lebensunterhalt" oder der „angemessene Lebensunterhalt seiner Unterhaltsberechtigten" gefährdet ist. Während im Regierungsentwurf vom 20. März 2020 noch vorgesehen war, dass der Zusammenhang zwischen der Covid-19-Pandemie und den Einnahmeausfällen vermutet wird, ist diese Vermutung im aktuellen Gesetzesentwurf nicht mehr enthalten.

Der Verbraucher ist berechtigt, in dem vorgenannten Zeitraum seine vertraglichen Zahlungen zu den ursprünglich vereinbarten Leistungsterminen weiter zu erbringen. Soweit er die Zahlungen vertragsgemäß weiter leistet, gilt die vorgenannte Stundung als nicht erfolgt.

Die Anwendungsvoraussetzungen der Regelungen sind wesentlich durch Generalklauseln definiert. Die Frage, wann der „angemessene Lebensunterhalt gefährdet" ist, wird im Einzelfall zu bestimmen sein und wirft derzeit Rechtsunsicherheiten auf.

Kündigungsausschluss

Über die Stundung der Forderungen hinaus ist vorgesehen, dass Kündigungen des Darlehensgebers wegen Zahlungsverzugs oder wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers unter den vorgenannten Voraussetzungen bis zum Ablauf des 30. Juni 2020 ausgeschlossen sind.

Dies bedeutet, dass der wichtigste Kündigungsgrund unter Darlehensverträgen zeitweise nicht mehr zur Kündigung berechtigt.

Die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse stellt einen gesetzlichen Kündigungsgrund dar (§ 490 Abs. 1 BGB). Auch dieser Kündigungsgrund wird durch die vorgenannte Regelung somit ausgesetzt.

Es ist davon auszugehen, dass der vorgenannte Kündigungsausschluss auch auf vertragliche Kündigungsregelungen, welche die gesetzliche Kündigungsregel des § 490 BGB konkretisieren oder spiegeln, Anwendung findet. Dies gilt insbesondere für die MAC Clause (s. unten), aber möglicherweise auch für Kündigungsrechte aufgrund der Verletzung von Finanzkennzahlen (s. unten). Die letztgenannten Klauseln werden nur bei Darlehen an Unternehmer vorgesehen; der Aspekt könnte daher Bedeutung erlangen, falls die Bundesregierung die vorgenannte Regelung in Ausübung ihrer Befugnisse per Verordnung auch auf gewerbliche Darlehensverhältnisse erstreckt.

Oft wird für den Fall der Vermögensverschlechterung des Darlehensnehmers auch ein Anspruch des Darlehensgebers, eine Verstärkung der Sicherheiten zu fordern, vereinbart. Kommt der Darlehensnehmer der Pflicht zur Nachbesicherung nicht nach, stellt dies in der Regel einen Kündigungsgrund dar (s. unten). Das Recht der Darlehensgeberseite, eine Nachbesicherung zu fordern, dürfte von den Bestimmungen des CorInsAG nicht beeinträchtigt sein. Allerdings dürften Kündigungsrechte des Darlehensgebers im Falle, dass dem Nachbesicherungsersuchen nicht nachgekommen wird, wiederum der Aussetzung durch das CorInsAG unterliegen.

Abweichende Vereinbarungen

Die Vertragsparteien können zwar abweichende Vereinbarungen, insbesondere über mögliche Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen treffen. Von dem Kündigungsausschluss darf dabei aber nicht zu Lasten des Darlehensnehmers abgewichen werden.

Restrukturierungen und Laufzeitverlängerung

Der Darlehensgeber „soll dem Verbraucher ein Gespräch über die Möglichkeit einer einverständlichen Regelung und über mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten". Für dieses können auch Fernkommunikationsmittel genutzt werden.

Das Gespräch über eine einvernehmliche Restrukturierung dürfte sowieso die Regel sein und ist in jedem Fall zu empfehlen.

Allerdings sieht das CorInsAG auch vor, dass sich die Vertragslaufzeit um drei Monate verlängert, wenn eine einverständliche Regelung für den Zeitraum nach dem 30. Juni 2020 nicht zustande kommt. Die jeweilige Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird um diese Frist hinausgeschoben. Der Darlehensgeber muss dem Darlehensnehmer dann eine Abschrift des Vertrags zur Verfügung stellen, in der die vereinbarten oder gesetzlich bestimmten Vertragsänderungen berücksichtigt sind.

Ausnahmen

Sämtliche Ausnahmen gelten nicht, wenn der Darlehensgeber glaubhaft machen kann, dass Stundung oder Ausschluss der Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich der durch die Covid-19-Pandemie verursachten Veränderungen der allgemeinen Lebensumstände für ihn unzumutbar sind.
Im Wege einer Generalklausel wird der Darlehensgeberseite somit die Möglichkeit gegeben, einen Härtefall geltend zu machen. Zwar erlaubt der Wortlaut des Gesetzes somit Kreditgebern, das Schwert der CorInsAG zu vermeiden. Angesichts der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers, bei der Interessenabwägung die Interessen der Darlehensnehmer zu bevorzugen, dürfte die Ausnahmeregelung aber nur äußert schwerlich durchsetzbar sein.

Bewertung

Die Auswirkungen der vorgenannten Regelungen sind für die Darlehensgeberseite erheblich, denn diese führen dazu, dass Darlehensgeber den Wegfall erwarteter Zahlungsströme hinnehmen muss, ohne bislang vertraglich und gesetzlich vorgesehene Remedien zur Verfügung zu haben.

Aussetzung von Kündigungen unter Mietverträgen

Die Covid-19-Pandemie führt bereits dazu und wird in Zukunft noch verstärkt dazu führen, dass Privatpersonen und Unternehmen auch Mietzahlungen nicht oder nicht mehr vollständig fristgemäß erbringen können.

Nach der gesetzlichen Regelung des § 543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB können Mietverhältnisse aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt werden, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

Das CorInsAG will in dieser Situation die Mieter schützen und verhindern, dass Mietverhältnisse verzugsbedingt gekündigt werden.

Dementsprechend ist vorgesehen, dass ein Vermieter ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht kündigen kann, soweit der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet und die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen Covid-19-Pandemie und Nichtleistung wird vermutet. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt. Unberührt bleibt im Übrigen auch die grundsätzliche Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete.

Die Regelung ist nur bis zum 30. September 2022 anzuwenden.

Die Auswirkungen auf Mietverhältnisse unterscheiden sich je nachdem, ob es sich um Wohnraummietverhältnisse oder gewerbliche Mietverhältnisse handelt:

Wohnraummietverhältnisse werden in der Regel unbefristet abgeschlossen. Ein Vermieter hat im Falle des Zahlungsverzugs des Mieters zumeist ein Interesse, das Mietverhältnis zu beenden und mit einem solventen Anschlussmieter (ggf. verbunden mit einer Mieterhöhung) einen neuen Mietvertrag abzuschließen. Vor diesem Hintergrund stellt die Regelung des CorInsAG für die Mieter bedeutenden Schutzmechanismus dar.

Im gewerblichen Mietrecht hingegen wird in der Regel eine Festlaufzeit vereinbart. Das primäre Interesse der Vermieter ist es in der Regel, den Cashflow der Mieteinnahmen über die gesamte Festlaufzeit zu sichern. Vermieter haben daher in der Regel kein Interesse, einem Mieter bei einem Zahlungsverzug das Mietverhältnis zu kündigen, sondern möchten eher ihre Zahlungsansprüche durchsetzen. Für gewerbliche Mietverhältnisse ist die Aussetzung des Kündigungsrechts durch das CorInsAG daher weniger einschneidend.

Für gewerbliche Immobilienfinanzierungen bedeutet die Regelung, dass der Darlehensnehmer/Vermieter mit Einbußen bei den prognostizierten Mieteinnahmen rechnen muss. Dies wiederum kann entsprechend Auswirkungen auf seine Fähigkeit zur Leistung des Schuldendienstes haben.

Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinstunternehmer

Schuldnern, die Verbraucher oder Kleinstunternehmen sind, soll hinsichtlich deren bestehender Dauerschuldverhältnisse ein temporäres Leistungsverweigerungsrecht zustehen, wenn sie ihre vertraglichen Pflichten aufgrund der durch die COVID-19-Pandemie hervorgerufenen Verhältnisse nicht erfüllen können. Damit soll etwa Verbrauchern geholfen werden, deren Haushaltseinkommen wegen der Pandemie einstweilen oder dauerhaft verringert oder weggebrochen ist. Es soll Kleinstunternehmen geholfen werden, die ihre Leistungsverpflichtung nicht erfüllen können, weil sie nicht etwa in Kontakt mit dem Leistungsempfänger treten können, weil ihre Arbeitskräfte nicht zur Arbeit erscheinen können oder dürfen oder weil ihre Leistungserbringung einstweilen untersagt worden ist.

Bei Verbrauchern gilt dies in Bezug auf Verbraucherverträge, wenn ihnen die Leistung (regelmäßig die Entgeltleistung) nicht möglich wäre, ohne ihren Lebensunterhalt oder den Lebensunterhalt ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu gefährden. Das Leistungsverweigerungsrecht besteht in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse des Verbrauchers. Wesentlich sind solche Dauerschuldverhältnisse, die zur Eindeckung mit Leistungen der Daseinsvorsorge erforderlich sind. Hierzu zählen etwa Pflichtversicherungen, Verträge über die Lieferung von Strom und Gas oder über Telekommunikationsdienste, soweit zivilrechtlich geregelt auch Verträge über die Wasserver- und -entsorgung. Bei Kleinstunternehmen ist Voraussetzung, dass das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen ihres Erwerbsbetriebs nicht möglich ist.

2. Vertragliche Implikationen, insbesondere für den Bereich Corporate / M&A

Unternehmen sollten trotz des nun erfolgten und vor allem nur temporär wirkenden Eingreifens des Gesetzgebers ihre Verträge auch dahingehend überprüfen, ob die Anbieter oder Organisationen innerhalb der Lieferkette möglicherweise nicht in der Lage sind, ihre üblichen Dienstleistungen zu erbringen oder ob Lieferschwierigkeiten eintreten können. Daneben sollten Vorkehrungen bei laufenden M&A-Transaktionen getroffen werden bzw. Risiken aus einem kurz vor dem Closing stehenden Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag (SPA) eingeschätzt und eventuell konkrete Maßnahmen hierzu ergriffen werden. Auch hinsichtlich der beginnenden Haupt- und Gesellschafterversammlungssaison sollten einzelne Faktoren berücksichtigt werden.

Allgemeines

Gerade hier sollten nun die vom Gesetzgeber verabschiedeten Maßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der Pandemie berücksichtigt werden:

  • Für den Geschäftsbetrieb gilt es in besonderem Maße, Key Person-Probleme zu identifizieren und geeignete Notfall- und Vertretungsregelungen vorzusehen, für den Fall, dass solche Personen am Corona-Virus erkranken oder wegen Infektionsverdachts vorübergehend unter Quarantäne gestellt werden:
  • Sofern sämtliche Geschäftsführer einer GmbH wegen des Corona-Virus' „ausfallen" sollten, kann eine Führungslosigkeit nach § 35 Abs. 1 S. 2 GmbHG entstehen. Dieser Zustand lässt sich durch die Neubestellung eines Geschäftsführers überwinden oder die Bestellung eines Notgeschäftsführers. Beschränkt auf gerichtliche Verfahren ist auch die Bestellung eines Prozesspflegers möglich (vgl. § 57 ZPO). Die Einsetzung eines Notgeschäftsführers ist bereits bei einer Verhinderung auf Grund von Krankheit möglich. Der Notgeschäftsführer ist Geschäftsführer gem. §§ 35 ff. GmbHG. Er unterscheidet sich von dem ordentlichen Geschäftsführer allein durch die Art und Weise sowie die Umstände seiner Bestellung, da er auf Antrag vom Amtsgericht bestellt wird, bis er vom Gericht wieder abberufen wird oder die ordentlich bestellten Geschäftsführer ihr Amt wieder aufnehmen.
  • Etwas anderes gilt wiederum bei der Aktiengesellschaft: Ein Vorstandsmitglied „fehlt" hier gem. § 85 Abs. 1 AktG nur, wenn die Ausübung des Amtes dauerhaft durch Tod nicht mehr möglich ist oder wenn es durch Widerruf der Bestellung oder Niederlegung des Amtes aus dem Vorstand ausgeschieden ist. Kein „Fehlen" liegt u.a. vor, wenn ein Vorstandsmitglied infolge (auch längerer) Abwesenheit oder Erkrankung sein Amt nur vorübergehend nicht ausüben kann. Bei solch vorübergehender Verhinderung eines Vorstandsmitglieds kann aber der Aufsichtsrat nach § 105 Abs. 2 AktG einzelne seiner Mitglieder für maximal ein Jahr zu Stellvertretern verhinderter Vorstandsmitglieder bestellen.
  • Greifen zwischen Signing (Abschluss) und Closing (Vollzug) eines SPA etwaig vereinbarte MAC-Klauseln ein? Wird also insbesondere im SPA ein Rücktrittsrecht gewährt, wenn sich bei der Zielgesellschaft wegen des Corona-Virus' die wirtschaftlichen Gegebenheiten schwerwiegend geändert haben, da im relevanten Zeitraum zwischen Signing und Closing die Belegschaft derart „außer Gefecht" gesetzt wurde, dass die Fortführung der Geschäfte bis zum Closing nicht gewährleistet werden kann oder konnte oder die Lieferkette unterbrochen wurde und die „Bänder stillstehen"?
  • Liegt ein Fall „höherer Gewalt" vor (Force Majeure), der im Rahmen bestehender Lieferbeziehungen bestimmte Vertragspflichten zeitweise außer Kraft setzt? Nach der Rechtsprechung des BGH ist höhere Gewalt "ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch die äußerste, vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis". Dies sollte bei den relevanten Verträgen sorgsam hinterfragt und für jeden Einzelfall geprüft werden. Fällt vor allem ein globaler Gesundheitsnotstand unter die Definition von höherer Gewalt? In Analogie zum Reiserecht stellen Epidemien und Pandemien (z.B. SARS, Pest, Cholera) Fälle höherer Gewalt dar. Wenn daher die Fortführung der Geschäfte von dem Corona-Virus negativ beeinflusst wurde, könnte von dem Anspruchsgegner grundsätzlich mit einem Fall höherer Gewalt argumentiert werden.
  • Die einzeln vereinbarten Klauseln sollten jedenfalls sorgsam geprüft werden bzw. entsprechend stringent definiert werden, sofern ein Vertragswerk derzeit gerade in Verhandlung ist, z. B. durch Einführung wirtschaftlicher Schwellenwerte, die unter Einbeziehung der Pandemie nicht unterschritten werden sollten.
  • Könnten ferner weitere Garantien in einem SPA auf Grund des Corona-Virus' beeinträchtigt werden und etwaige Schadensersatzansprüche nach sich ziehen?
  • Unternehmen sollten prüfen, ob eine Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung durch Anbieter oder Lieferanten vorliegt und welche Rechte Ihnen zustehen.
  • Berechtigen etwaige Vertragsstörungen, Lieferverzögerungen möglicherweise zur Kündigung (ordentlich oder sogar außerordentlich)? Kann hiergegen ebenfalls „Force Majeure" eingewandt werden? Was ist mit mengenabhängigen Boni, die auf Grund von Lieferschwierigkeiten nicht erreicht werden können?
  • Um Rechte zu wahren, ist es ratsam, die Melde- und Informationspflichten im Allgemeinen sowie in Bezug auf Bestimmungen zur höheren Gewalt zu überprüfen und einzuhalten. Es dürfte im Rahmen der allgemeinen Schadensminderungspflicht zwischen Vertragspartnern immer die Verpflichtung bestehen, sich "nach besten Kräften" zu bemühen, die Auswirkungen eines Ereignisses höherer Gewalt abzuschwächen.
  • Gibt es in den Verträgen Bestimmungen zur Streitbeilegung (z.B. Mediations- und Schiedsgerichtsverfahren)?
  • Beachten Sie die allgemeine Schadensmilderungspflicht. Wir empfehlen eine frühzeitige Kommunikation mit Ihren Vertragspartnern und Sicherung von Beweisen (schriftliche Dokumentation). Dies kann besonders wichtig sein, um festzustellen, dass Sie alles getan haben, was vernünftigerweise möglich war, um die Auswirkungen der Ereignisse auf Ihre Leistung zu mildern.
  • Prüfen Sie unbedingt, ob Garantien, Entschädigungen oder Erfüllungsgarantien in Anspruch genommen werden könnten oder Ihr Unternehmen Gefahr läuft, in Anspruch genommen zu werden, wenn die gesicherten Verpflichtungen nicht erfüllt werden können.
  • Des Weiteren wurden inzwischen weltweit Meetings, (Groß-)Veranstaltungen und Messen abgesagt sowie von den zuständigen Behörden Ausgangssperren und Kontaktverbote angeordnet. Dies könnte sich insbesondere auch auf die anstehenden Hauptversammlungen der deutschen Aktiengesellschaften auswirken. Ohne eine Präsenz-Hauptversammlung jedoch kann u.a. keine Dividendenauszahlung beschlossen (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 2 AktG) oder sonstige für die Gesellschaft wichtige Beschlüsse gefasst werden.
  • Hier ist daher zu beachten, unter welchen Voraussetzungen eine in der nächsten Zeit angesetzte Hauptversammlung noch in den Sommer oder Herbst 2020 verschoben werden könnte oder ob die notwendig nach dem Aktiengesetz einzuhaltenden Fristen bereits verstrichen sind. Nach herrschender Meinung gilt, dass eine Absage einer Hauptversammlung noch bis zu ihrer förmlichen Eröffnung möglich ist und die Absage durch denjenigen erfolgen muss, der die Hauptversammlung einberufen hat.
  • Sie darf nur durch das Gesamtorgan erfolgen. Die Form der Einberufung muss für die Absage nicht eingehalten werden; am geeignetsten erscheint uns hierfür jedenfalls der (elektronische) Bundesanzeiger. Die Verlegung der Hauptversammlung wiederum auf einen neuen Termin ist möglich, muss dann aber wie die erneute Einberufung behandelt werden, insbesondere müssen die für die Einberufung geltenden Fristen beachtet werden.
  • Sofern die Hauptversammlung trotz der derzeitigen Umstände abgehalten werden soll, ist den Aktionären wohl verstärkt die Möglichkeit der Stimmrechtsvertretung nahezulegen, um einerseits eine allzu große Anzahl an präsenten Aktionären zu vermeiden, andererseits aber über die Stimmrechtsvertretung dennoch eine Beschlussfähigkeit herzustellen. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass vor allem bei kritischen Tagesordnungspunkten das Abstimmungsverhalten primär von der Rede des Vorstandes zum Geschäftsbericht und dem Verlauf der sich daran anschließenden Generaldebatte abhängt und eine Stimmrechtsvertretung für viele Aktionäre daher nicht in Frage kommen wird bzw. erst nach Abschluss der Generaldebatte (was wiederum mit einer Präsenz der Aktionäre bis dahin verbunden wäre). Hier wäre jedenfalls eine Einzelfallprüfung seitens des Vorstandes nötig.
  • Nach § 118 Abs. 3 S. 2 AktG besteht zudem die in der bisherigen Gesetzesfassung für Vorstand und Aufsichtsrat als Pflicht verstandene Anwesenheit in der Hauptversammlung als solche nur noch für den Vorstand. Eine Vertretung der Vorstandsmitglieder scheidet grundsätzlich aus. Nur bei gewichtigen Verhinderungsgründen entfällt die Teilnahmepflicht. Eine Erkrankung des Vorstandsmitglieds ist seit jeher als Entschuldigungsgrund anerkannt. Sofern jedoch sämtliche Vorstände am Corona-Virus erkranken sollten und zum Zeitpunkt der Hauptversammlung nicht präsent sein könnten, wäre daher zwingend eine Absage bzw. Verlegung der Hauptversammlung durchzuführen (unter Beachtung obiger Ausführungen). Denn zum Beispiel eine Teilnahme der erkrankten/infizierten Vorstandsmitglieder an der Hauptversammlung mittels Video-Übertragung scheidet aus, da dies nur für Mitglieder des Aufsichtsrates gem. § 118 Abs. 3 S. 2 AktG möglich ist.

Haupt- und Gesellschafterversammlungen

Der Gesetzgeber sieht der Covid-19-Pandemie jedoch hier nicht untätig zu und steuert mit dem am 25. März 2020 verabschiedeten Gesetzespaket etwaigen Schwierigkeiten im Rahmen des Gesellschaftsrechts gegen. Vorgesehen ist zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht gerade im Bereich der Haupt- und Gesellschafterversammlungen – abweichend von den vorstehend genannten immer noch gültigen Grundsätzen – nunmehr Folgendes:

Es werden vorübergehend, d.h. nur für Gesellschafterversammlungen, die im Jahr 2020 stattfinden, sub-stantielle Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen der Aktiengesellschaft (AG), der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), des Versicherungsvereins a. G. (VVaG) und der Europäischen Gesellschaft (SE) sowie für Gesellschafterversammlungen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), von General- und Vertreterversammlungen der Genossenschaft sowie von Mitgliederversammlungen von Vereinen geschaffen.

Wesentlich für die AG, KGaA und die SE ist dabei die Möglichkeit, dass der Vorstand der Gesellschaft auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme (der Aktionäre und der Mitglieder des Aufsichtsrates) an der Hauptversammlung ermöglichen kann , die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung mit eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten, die Möglichkeit der Verkürzung der Einberufungsfrist auf 21 Tage (bei gleichzeitiger Anpassung der Frist für die Einreichung von Ergänzungsverlangen hinsichtlich der Tagesordnung) sowie die Ermächtigung für den Vorstand, auch ohne Satzungsregelung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen; letzteres gilt im Übrigen auch für Ausgleichszahlungen nach Maßgabe von § 304 AktG für außenstehende Aktionäre eines Unternehmensvertrages.

Konkret besagt das Maßnahmenpaket in diesem Zusammenhang:

Der Vorstand kann entscheiden, dass die Versammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten als virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird, sofern

  • die Bild- und Tonübertragung der gesamten Versammlung erfolgt,
  • die Stimmrechtsausübung der Aktionäre über elektronische Kommunikation (Briefwahl oder elektronische Teilnahme) sowie Vollmachtserteilung möglich ist,
  • den Aktionären eine Fragemöglichkeit im Wege der elektronischen Kommunikation ein-geräumt wird,
  • den Aktionären, die ihr Stimmrecht nach Nummer 2 ausgeübt haben, in Abweichung von § 245 Nummer 1 des Aktiengesetzes unter Verzicht auf das Erfordernis des Er-scheinens in der Hauptversammlung eine Möglichkeit zum Widerspruch gegen einen Beschluss der Hauptversammlung eingeräumt wird.

Der Vorstand entscheidet dabei nach pflichtgemäßem, freiem Ermessen, welche Fragen er wie beantwortet; er kann auch vorgeben, dass Fragen bis spätestens zwei Tage vor der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation einzureichen sind; er kann auch vorgeben, dass Fragen bis spätestens zwei Tage vor der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation einzureichen sind.

Ebenfalls hat der Vorstand eine Möglichkeit zum elektronischen Widerspruch beim Notar vorzuhalten. Widerspruch ist wie stets bis zum Ende der Versammlung und hier im Wege elektronischer Kommunikation zu erklären. Der Notar selbst sollte für die Durchführung der Niederschrift am Aufenthaltsort des Versammlungsleiters zugegen sein. Die hierzu benötigten Notare stehen hierfür bundesweit selbstverständlich weiterhin zur Verfügung (siehe unten).

Zudem wird die Möglichkeit eröffnet, eine Hauptversammlung innerhalb des Geschäftsjahres durchzuführen, das heißt, die bisherige Achtmonatsfrist wird ausnahmsweise verlängert.

Für die GmbH wird vorübergehend, d.h. nur für Gesellschafterversammlungen, die im Jahr 2020 stattfinden, die erleichterte Möglichkeit einer Beschlussfassung in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe geschaffen. Abweichend von § 48 Absatz 2 des Gesetzes betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) können Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter gefasst werden.

Insolvenzrecht

Insolvenzrecht: Zu den temporären Maßnahmen im Insolvenzrecht, insbesondere der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, des Insolvenzantragsrechts, des insolvenzrechtlichen Nachrangs und der Insolvenzanfechtung siehe oben unter Ziffer 1.

Umwandlungsrecht

Grundsätzlich gilt im Rahmen von Umwandlungen nach § 17 des Umwandlungsgesetzes (UmwG), dass eine Verschmelzung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist und dabei auch nach § 17 Abs. 2 UmwG für jeden der übertragenden Rechtsträger eine Bilanz beizufügen ist (sog. Schlussbilanz). Für diese Bilanz gelten die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entsprechend. Das Registergericht darf die Verschmelzung grundsätzlich nur dann eintragen, wenn die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist. Eben dies ändert sich durch das Covid-19-Notpaket, dass nun die Frist nach § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG auf zwölf Monate verlängert, um zu verhindern, dass aufgrund fehlender Versammlungsmöglichkeiten während der Pandemie Umwandlungsmaßnahmen an einem Fristablauf scheitern.

Notariate

Unabhängig vom Maßnahmepaket gilt, dass die für die Hauptversammlungen, aber auch für alle anderen formbedürftigen Rechtsgeschäfte, benötigten Notare trotz der am 22. März 2020 von Bund und Ländern beschlossenen Leitlinien zur Beschränkung sozialer Kontakte weiterhin zu Ihrer Verfügung stehen. Zudem können Beurkundungstermine im Einzelfall so ausgestaltet werden, dass persönliche Kontakte zwischen den Beteiligten ganz vermieden oder zumindest erheblich reduziert werden. So können in bestimmten Konstellationen Beurkundungen nur mit einzelnen Beteiligten oder mit Vertretern vorgenommen werden.

Weitere Änderungen

Das neue Gesetz enthält weiterhin Änderungen im Recht der Genossenschaft, der Vereine, der Stiftungen sowie für WEG, die nach Sinn und Zwecke den oben dargestellten Änderungen entsprechen, von deren detaillierter Darstellung wir an dieser Stelle jedoch absehen - wir stehen Ihnen hier jedoch gerne persönlich für Nachfragen zur Verfügung.

3. Banking & Finance

Die sich rapide ausbreitende Corona-Pandemie und die zunehmende Unterbindung physischer sozialer Kontakte (Lockdown) zeigen mittlerweile teilweise schon massive negative Auswirkungen auf Unternehmen aus besonders betroffenen Branchen (Reisebranche einschließlich Flug- und Buslinien, Hotel-, Gastronomie- und Eventveranstaltungs-Branche, Messebauer, Automobilzulieferer, etc.). Es ist zu erwarten, dass mit dem Fortschreiten der Pandemie ähnliche Auswirkungen auch auf Unternehmen aus anderen Branchen entstehen werden.

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir Kreditgebern, Finanzdienstleistern und Kredit-nehmern die Prüfung der folgenden Fragen:

A. Finanzierungsverträge

Finanzkennzahlen

In Kreditverträgen vereinbarte Finanzkennzahlen (Financial Covenants) dienen den Fi-nanzierungsparteien als „Frühwarnsystem". Dadurch, dass die Verletzung der Finanzkennzahlen Kündigungsrechte (Events of Default) auslöst, sichern sich die Finanzie-rungsparteien bei aufkommenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kreditnehmers frühzeitig einen „Platz am Verhandlungstisch". Teilweise führt der Bruch von Finanzkennzahlen auch zu automatischen Zinserhöhungen (Margin Ratchet) oder anderen Beschränkungen wie bspw. Ausschüttungssperren oder der Pflicht, Reservekonten zu befüllen. Darlehensnehmer sollten angesichts der aktuellen Entwicklungen laufend ihre Finanzkennzahlen im Blick behalten und bei sich abzeichnenden Verletzungen frühzeitig das Gespräch mit der Darlehensgeberseite suchen. Darlehensgeber (bzw. Facility Agents) wiederum sollten ggf. über die „harten" Informationsrechte bzw. -pflichten hinaus informell den Austausch mit der Kreditnehmerseite in Bezug auf die Entwick-lung der Financial Covenants initiieren. Hierbei sollte geprüft werden, ob bestimmte Puffer (Headrooms) ausreichen, um die aktuellen negativen Entwicklungen aufzufan-gen. Bei Unternehmens- oder Akquisitionsfinanzierungen stellen Finanzkennzahlen regelmäßig auf den EBITDA oder EBIT ab. Regelmäßig erlauben die Finanzparameter Anpassungen aufgrund außergewöhnlicher Umstände (Exceptional Items). Zu prüfen ist, ob die EBITDA- oder EBIT-Finanzkennzahlen dieserart justiert werden können, o-der ob weitergehender Anpassungsbedarf besteht. Sofern trotz der Ausnutzung von Headrooms und Anpassungsmechanismen eine Verletzung der Finanzkennzahlen absehbar ist, sollte der Darlehensnehmer frühzeitig eine Strategie zur Anpassung (Waiver) oder Aussetzung (Covenant Holiday) der Finanzkennzahlen vorschlagen.

Es ist zudem zu prüfen, ob Kündigungsrechte aufgrund der Verletzung der Finanzkennzahlen von der Aussetzung durch das CorInsAG (bei einer Erweiterung des Anwendungsbereichs durch die Bundesregierung) betroffen sind (s. oben).

Wiederholte Zusicherungen

Teilweise ist der Darlehensnehmer unter der Kreditdokumentation verpflichtet, bestimmte Zusicherungen ausdrücklich zu wiederholen, oder bestimmte Zusicherungen können unter der Kreditdokumentation als wiederholt gelten (Repeated Representations). Bspw. kann der Darlehensnehmer zusichern, dass unter seinen Projektverträgen oder sonstigen Verträgen mit Dritten keine Kündigungstatbestände eingetreten sind (was aber durch die Entwicklungen der Corona-Pandemie der Fall sein kann), dass bislang übermittelte Informationen korrekt sind (und aber durch die Corona-Entwicklungen überholt sein können), oder es können bestimmte Zusicherungen in Bezug auf die finanzielle Situation oder die letzten überreichten Abschlüsse abgegeben werden (welche durch die Corona-Entwicklung möglicherweise nicht mehr korrekt sind).Den Darlehensnehmern und Kreditgebern ist zu empfehlen, die wiederholten Zusicherungen zu prüfen.

Informationspflichten

Kreditverträge sehen regelmäßig Informationspflichten seitens der Darlehensnehmer im Hinblick auf außerordentliche Geschäftsvorfälle (Versicherungsfälle ab einer bestimmten Höhe, Klagen für Beträge ab einer bestimmten Höhe, besondere Betriebsausfälle, etc.) sowie im Hinblick auf edn Eintritt von Kündigungsgründen vor. Darlehensnehmer sollten ihre Kreditverträge im Hinblick auf die Frage prüfen, ob angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen besondere Informationspflichten bestehen, um den Eintritt von (ggf. weiterer) Kündigungsgründen zu vermeiden.

Nachbesicherung

Kreditverträge (bspw. Nr. 22 der Sparkassen-AGB) sehen vor, dass die Bank vom Kunden die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten für seine Verbindlichkeiten verlangen kann, wenn sich aufgrund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände, z. B. aufgrund einer Verschlechterung oder drohenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, eines Mithaftenden oder Bürgen oder des Werts bestehender Sicherheiten, eine Veränderung der Risikolage ergibt. Kommt der Darlehensnehmer der Pflicht zur Nachbesicherung nicht nach, stellt dies in der Regel einen Kündigungsgrund dar. Banken sollten prüfen, ob unter der Kreditdokumentation ein Nachbesicherungsrecht besteht und ob dieses ggf. ausgeübt werden sollte. Diesbezüglich sollte geprüft werden, ob Kreditrisiken anders zu bewerten sind, wenn die Kreditnehmer von dem Corona-Virus besonders betroffen sind.

Vor dem Hintergrund des CorInsAG ist zudem zu prüfen, ob Kündigungsrechte im Falle, dass einem Nachbesicherungsersuchen nicht Folge geleistet wird, durch das CorInsAG ausgesetzt sind (s. oben).

Operative Verpflichtungen

Kreditverträge sehen regelmäßig bestimmte operative Verpflichtungen (Covenants) des Kreditnehmers vor. Dies betrifft insbesondere Bauzeitenpläne oder Fertigstellungstermine. Darlehensnehmer sollten ihre Kreditdokumentation dahingehend prüfen, ob durch die Corona-Entwicklungen die Einhaltung der operativen Verpflichtungen gefährdet ist. In diesem Fall sollten die Darlehensnehmer frühzeitig das Gespräch mit der Kreditgeberseite suchen, um eine Anpassung der Covenants zu vereinbaren. Finanzierungsparteien wiederum ist ebenfalls zu empfehlen, informelle Gespräche mit der Dar-lehensnehmerseite in Bezug auf gefährdete operative Covenants zu suchen, falls die Darlehensnehmerseite diesbezüglich untätig bleibt.

MAC Clause

Viele Kreditverträge sehen Kündigungsrechte der Finanzierungsparteien für den Fall vor, dass eine wesentlich nachteilige Änderung der wirtschaftlichen oder finanziellen Situation des Darlehensnehmers eingetreten ist (Material Adverse Change Clause / MAC Clause). Die MAC Clause ist nicht standardisiert, sondern wird mit Bezug auf das Geschäftsmodell des Darlehensnehmers individuell zugeschnitten. Darlehensnehmer sollten prüfen, ob unter ihrer Kreditdokumentation die MAC Clause anwendbar werden könnte und ggf. frühzeitig das Gespräch mit den Finanzierungsparteien suchen. Auch die Finanzierungsparteien selbst sollten dies prüfen und bewerten, ob auf der Basis der MAC Clause vom Darlehensnehmer Maßnahmen gefordert werden können und sollten. Vor dem Hintergrund des CorInsAG ist zudem zu prüfen, ob die MAC Clause von der Aussetzung des Kündigungsrechts durch das CorInsAG (bei einer Erweiterung des Anwendungsbereichs durch die Bundesregierung) betroffen ist (s. oben).

Lender Liability

Die Darlehensvergabe oder -verlängerung für Unternehmen in insolvenznahen Situationen ist für Kreditgeber prinzipiell mit erhöhten Risiken verbunden. Im äußersten Fall kann eine Haftung wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung und eine Haftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB) aufgrund der Darlehensvergabe oder -verlängerung drohen (sog. Lender Liability). Die Neuvergabe oder der Verlängerung von Krediten an Unternehmen aus von der Corona-Krise besonders betroffenen Branchen ist weiterhin grundsätzlich möglich und auch volkswirtschaftlich geboten. Auf Bankenseite ist in diesen Fällen aber ein erhöhter Prüfungs- und Dokumentations-aufwand angebracht. Bitte sprechen Sie uns gerne jederzeit an.

Upstream Security und Cross-Stream Security

Bei größeren Finanzierungen stellen Gesellschaften regelmäßig Garantien oder Sicher-heiten für ihre Muttergellschaften (Upstream Security) oder für ihre Schwestergesellschaften (Cross-Stream Security). Eine solche Sicherheitenbestellung kann potentiell eine Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften auslösen. Während es bis zu dem Ur-teil des BGH v. 21.03.2017 - II ZR 93/16 grundsätzlich üblich war, zur Vermeidung ei-ner solchen Verletzung die Verwertungsmöglichkeiten entsprechend zu beschränken (sog. Limitation Language), ist dies seit dem vorgenannten Urteil nicht immer erforder-lich. Eine Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften ist ausgeschlossen, wenn - aus einer ex ante Sicht – der Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter aufgrund der Sicherheitenbestellung voraussichtlich vollwertig ist. Teilweise wurde dementsprechend bei Upstream Security oder Cross-Stream Security auf eine Limitation Language verzichtet. In Fällen, bei denen auf eine Limitation Language ver-zichtet wurde, sind die Geschäftsleiter des Sicherheitengebers aber in der Pflicht, die Vermögensverhältnisse des Gesellschafters zu beobachten und auf eine sich andeuten-de Bonitätsverschlechterung mit der Anforderung von Sicherheiten oder der Durchsetzung des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs zu reagieren. Diese Konstellation kann aktuell eintreten, wenn die Mutter- oder Schwestergesellschaft des Sicherheitengebers eine Vermögensverschlechterung aufgrund der Corona-Pandemie erfährt. Un-ternehmen, die Garantien oder Sicherheiten für ihre Mutter- oder Schwestergesellschaft gestellt haben, sollten daher prüfen, ob von der Muttergesellschaft Sicherheiten für den Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gefordert werden sollten.

Certain Funds

Bei Übernahmeangeboten für börsennotierte Gesellschaften muss der Bieter die zur Er-füllung des Angebots notwendigen Mittel nachweisen („Finanzierungsbestätigung" durch unabhängiges Wertpapierdienstleistungsunternehmen, § 13 Abs. 1 S. 2 WpÜG). Unter Kreditverträgen der Akquisitionsfinanzierung werden daher für einen bestimmten Zeitraum Kündigungsrechte auf schwerwiegende drohende Kündigungsgründe (Major Defaults) und Zusicherungen (Major Representations), bspw. Insolvenz, Verletzung wesentlicher Auflagen, Wegfall wesentlicher Verträge, etc. beschränkt. Bei privaten Akquisitionen ist eine Certain Funds Period nicht aufsichtsrechtlich vorgeschrie-ben, aber Verkäufer und Käufer möchten regelmäßig das Risiko minimieren, dass am Closing-Tag eine Auszahlungsvoraussetzung nicht erfüllt ist und daher das Darlehen nicht ausgezahlt wird. Folglich werden Certain-Funds-Regelungen auch bei privaten Akquisitionen regelmäßig vereinbart. Ob durch die Corona-Entwicklung ein Major Default eingetreten ist oder eine Major Representation eingetreten ist oder eintreten kann, ist im Einzelfall zu analysieren. Bitte sprechend Sie uns gerne jederzeit dazu an.

Finanzierungszusage (Commitment Letter)

Sobald Kreditnehmer und Darlehensgeber / Arrangeur ein Term Sheet ausgehandelt haben, gibt der Darlehensgeber/Arrangeur regelmäßig eine Finanzierungszusage (Commitment Letter / Commitment and Mandate Letter) ab. Die Zusage steht häufig unter der Bedingung, dass zwischenzeitig keine wesentliche nachteilige Veränderung (Material Adverse Change / MAC) im Syndizierungs-, Finanz- oder Kapitalmarkt, im Geschäft des Darlehensnehmers oder (bei Akquisitionsfinanzierungen) im Geschäft der Zielgesellschaft (Target) eingetreten ist. Hinsichtlich bestehender Finanzierungszusagen sollte geprüft werden, ob die aktuelle Corona-Entwicklung einen Material Adverse Change darstellt. Bei neuen Commitment Letters sollten die Parteien die Frage der Corona-Entwicklung bei der Ausgestaltung der MAC Clause miteinbeziehen und entweder klarstellen, dass Corona-bedingte Veränderungen einen MAC darstellen können oder eben nicht.

Market Flex

Bei der Primärsyndizierung eines Kredits behält sich der Arranger durch entsprechen-de Klauseln im Syndizierungsschreiben (Syndication Letter) oder in der Finanzierungszusage (Commitment Letter) regelmäßig vor, die Preisgestaltung und/oder die Bedin-gungen des Darlehens anzupassen, wenn dies nach seiner Einschätzung für eine erfolgreiche Syndizierung erforderlich ist. Angesichts der aktuellen Entwicklungen der Corona-Krise sind Market-Flex-Klauseln sowohl bei bestehenden Verträgen als auch bei künftigen Syndizierungen genau zu prüfen.

PDF Signing

Bei Verträgen mit mehreren Parteien bevorzugen Banken und Kreditnehmer bei kleineren Finanzierungen häufig, die Verträge bei einem Meeting (bspw. in den Geschäfts-räumen der Bank) zu unterzeichnen. Es ist zu empfehlen, dieses Physical Signing durch den Austausch von PDF-Seiten auf der Basis der LMA-Vertragsschlussklausel (PDF Signing) zu ersetzen.

Cross Defaults

Als Drittverzugsklausel bzw. Cross Default Clause bezeichnet man eine Klausel eines Darlehensvertrages, nach der ein Kündigungsgrund eintritt, sobald ein anderer Kredit-vertrag des Darlehensnehmers (i) gekündigt werden kann (Cross Default Clause im weiten Sinne) oder (ii) gekündigt wird (Cross Acceleration Clause). Im weitesten Fall bezieht sich die die Cross Default Clause nicht nur auf Drittforderungen gegen den Schuldner selbst, sondern auch auf solche gegen mit dem Schuldner verbundene Unternehmen (ggf. auch mit Sitz im Ausland). Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung führt zu einem erhöhten Risiko der Verwirklichung von Cross Defaults, speziell bei weit ausgestalteten Drittverzugsklauseln. Darlehensnehmer sollten ihre Kreditdoku-mentation im Hinblick auf Cross Defaults überprüfen und ggf. frühzeitig mit den Finanzierungsparteien das Gespräch suchen. Finanzierungsparteien sollten die Drittverzugs-klauseln ihrer Kreditverträge ebenfalls prüfen, nicht zuletzt um zu verhindern, dass Rechte daraus aufgrund zu langer Untätigkeit verwirkt werden.

Kündigungsgründe aufgrund von Betriebsunterbrechungen oder -einstellungen

Kreditverträge sehen häufig materielle Betriebsunterbrechnungen oder die Einstellung des Betriebs (Cessation of Business) als Kündigungsgründe vor. Kreditnehmer und Kreditgeber sollten prüfen, ob derartige Kündigungsgründe durch die Corona-Entwicklung eingetreten sein können. Vor dem Hintergrund des CorInsAG ist zudem zu prüfen, ob die MAC Clause von der Aussetzung des Kündigungsrechts durch das CorInsAG (bei einer Erweiterung des Anwendungsbereichs durch die Bundesregierung) betroffen ist (s. oben).

B. Staatliche finanzielle Unterstützung

Prüfen Sie unbedingt, ob die staatliche finanzielle Unterstützung zur Verhinderung von Liquiditätsengpässen für Unternehmen in Frage kommt. Gerne unterstützen wir Sie dabei. Im Einzelnen:

Hilfsprogramm der KfW

Am 23. März 2020 beginnt das staatliche Förderprogramm für finanzielle Unterstüt-zungen durch die KfW. Es handelt sich bei den Corona-Hilfen der KfW nicht um Zuschüsse (einmalige finanzielle Zuwendung, welche nicht zurückgezahlt werden muss), sondern um zinsgünstige Darlehen.

Die KfW muss grundsätzlich jeden Antrag einzeln prüfen – auch in der Corona-Krise. Es kann also ein paar Tage dauern, bis das Geld fließt. Um einen Überbrückungskredit von der KfW zu bekommen, müssten sich Unternehmen an ihre jeweilige Hausbank wen-den oder an eine Förderbank in den Bundesländern. Dabei gibt es verschiedene Hilfs-programme, wonach die KfW bis zu 90 % des Risikos übernimmt, sollten die Voraussetzungen vorliegen:

KfW-Unternehmerkredit (037/047)

Das Wichtigste in Kürze

  • KfW-Corona-Hilfe für Investitionen und Betriebsmittel
  • Bis zu 1 Mrd. Euro Kreditbetrag
  • Für Unternehmen, die mindestens 5 Jahre am Markt sind
  • Bis zu 90 % Risikoübernahme

ERP-Gründerkredit – Universell (073/074/075/076)

Das Wichtigste in Kürze

  • KfW-Corona-Hilfe für Unternehmen
  • Für Investitionen und Betriebsmittel
  • Bis zu 1 Mrd. Euro Kreditbetrag
  • Bis zu 90 % Risikoübernahme

Direktbeteiligung für Konsortialfinanzierung (855)

Das Wichtigste in Kürze

  • Für Finanzierungen ab 25 Mio. Euro
  • Bis zu 80 % Risikoübernahme durch die KfW
  • Für Investitionen und Betriebsmittel in Deutschland
  • Flexible Finanzierungsstrukturen

Mehr erfahren Sie auf der Webseite der KfW.

Finanzielle Corona-Soforthilfe durch den Bund

Der Bund will nun auch kleinen und mittleren Unternehmen finanziell unter die Arme greifen. Hierfür hat er ein zusätzliches Hilfspaket auf den Weg gebracht, welches auch Direktzuschüsse für Kleinunternehmer und Solo-Selbstständige beinhaltet.

Es geht vor allem um solche Unternehmen und Unternehmer, die in der Regel keine Kredite erhalten und über keine Sicherheiten oder weitere Einnahmen verfügen. Dafür werden bis zu 50 Milliarden Euro bereitgestellt.
Das Programm soll die wirtschaftliche Existenz der Antragsteller sichern und ihnen bei der Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen helfen.

Förderberechtigt sind Kleinstunternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen, Soloselb-ständige und Angehörige der Freien Berufe.

Diese Zielgruppen können nach folgender Staffelung Soforthilfe erhalten:

  • bis zu fünf Beschäftigten: bis zu 9.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate
  • bis zu zehn Beschäftigte: bis zu 15.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate

Die Beschäftigtenzahlen beziehen sich auf Vollzeitäquivalente. Teilzeitkräfte können also auf Vollzeit umgerechnet werden. Mehr erfahren Sie auf der Webseite des BMWI:

Wirtschaftsstabilisierungsfonds

Das Bundeskabinett hat flankierend auch einen Gesetzentwurf über die Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in Höhe von 600 Mrd. Euro beschlossen, welcher wirtschaftliche Schäden, die den Unternehmen durch die Coronakrise drohen, abfangen soll.

Über den Stabilisierungsfonds sollen Großunternehmen mit Kapital gestärkt werden können, der Staat soll sich notfalls auch an den Firmen beteiligen können.

Es sind bis zu 400 Milliarden Euro Kreditgarantien für die Firmen vorgesehen, 100 Milliarden Euro stehen für mögliche Unternehmensbeteiligungen bereit.

Finanzielle Corona-Soforthilfe durch Bundesländer

Auch die Bundesländer greifen Solo-Selbstständigen, Freiberuflern, Kleinunternehmern und zum Teil auch Mittelständler unter die Arme.

Um das wirtschaftliche Überleben möglichst vieler Unternehmen zu sichern, haben alle Bundesländer zahlreiche Hilfsprogramme ins Leben gerufen (Schutzschirm für die Wirtschaft).

Dabei handelt es sich teilweise auch um steuerbare Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen.
Einen Überblick erhalten Sie auf der Webseite des Gründerlexikons.

C. Angepasste finanzaufsichtliche Anforderungen

Die Aufsichtsbehörden versuchen Banken zu entlasten, soweit dies ohne (zusätzliche) Einbußen für die Finanzstabilität möglich ist. Entsprechend veränderte finanzaufsichtliche Anforderungen werden laufend auf der Website der BaFin sowie der EZB publiziert. Im Wesentlichen betreffen die Aussagen die derzeitige Einschränkung persönlicher Kontakte, erläutern Ablauf und Möglichkeiten der Kreditvergabe in der Krise und spezifizieren Kapital- und Liquiditätserhaltungsregeln:

Aus der Einschränkung persönlicher Kontakte folgende Anpassungen

Kommunikation mit der BaFin: Eine Vielzahl der Sachbearbeiter der BaFin arbeitet derzeit (Stand 26.03.) von zuhause aus, ist aber nach unseren Erfahrungen ohne Einschränkungen per eMail und in der Regel auch unter den regulären Durchwahlnummern erreichbar.

Prüfungen: Vor-Ort-Prüfungen der Bankenaufsicht werden vorläufig ausgesetzt. Auch von Vor-Ort-Prüfungen beispielsweise im Rahmen der Jahresabschlussprüfung nach §§ 28 ff. KWG oder § 89 WpHG darf abgesehen werden.

Kreditvergabe in der Krise

Kreditwürdigkeitsprüfung: Die BaFin legt § 18 KWG so aus, dass der letzte verfügbare Jahresabschluss ausreicht, in der Regel derzeit der Jahresabschluss aus 2018. Besonders hinsichtlich der Vergabe von Krediten an Unternehmen, welche erst durch die Corona-Krise in finanzielle Schieflage geraten sind und welchen ein KfW-Kredit gewährt werden soll, legt die BaFin niedrigere Anforderungen an die diese Kreditwürdigkeitsprüfung an als in Normalzeiten.

Sowohl Zinssenkungen als auch Stundungen von Krediten führen nicht zwingend dazu, dass solche als ausgefallen zu werten sind, dem Aufruft der EBA zu Flexibilität und Pragmatismus folgend erklärt die BaFin:

Zinssenkung: Die BaFin weist darauf hin, dass Art. 178 (3) (d) CRR nur Anwendung findet, wenn ein Institut einem Schuldner, der in finanzielle Schwierigkeiten kommt, Zugeständnisse macht, nicht aber wenn es zum Beispiel nach Geschäften mit der Zentralbank günstigere Refinanzierungskosten weitergibt.

Stundung: Stundungen durch staatliche Anordnungen gelten grundsätzlich weder als Stundung im Sinne des Art. 47b CRR noch als Stundung im Sinne des § 178 CRR. Sinkt der ursprüngliche Effektivzins um nicht mehr als 1%, werden gestundete Verbindlichkeiten nicht als „überfällige wesentliche Verbindlichkeit" nach Art. 178 (1) b) CRR gewertet. Die finanzielle Verpflichtung des Schuldners wird nicht als verringert angesehen, so dass keine „krisenbedingte Restrukturierung" nach Art. 178 (3) d) CRR vorliegt. An branchenübliche Sorgfaltspflichten im Sinne der MaRisk sind im Fall einer solchen singulären Krise gewiss andere Maßstäbe anzulegen als in Normalzeiten. Dies werde auch bei späteren Prüfungen berücksichtigt.

Problemkredite: Auch bei flexibler Ausgestaltung der Kreditkonditionen und flexibler Handhabung banküblicher Instrumente muss festgestellt werden, ob im Sinne der BTO 1.2.5 Tz. 2 der MaRisk ein Engagement trotz wesentlicher Leistungsstörungen noch in der Intensivbetreuung verbleiben kann. Möglich ist dies laut BaFin, wenn das Adressenausfallrisiko des Kredits zumindest begrenzt werden kann und rechtliche Risiken der banküblichen intensiven Begleitung des Kredites ohne Sanierungsgutachten hinreichend geprüft worden sind.

Verwendung von Kapital- und Liquiditätsbuffern

Unterschreiten der kombinierte Kapitalpufferanforderung bedeutet keine Verletzung aufsichtlicher Mindestkapitalanforderungen. Es für die Institute ohne weiteres möglich, das in den Kapitalpuffern gebundene Kapital zur Kreditvergabe zu nutzen.

Im Rahmen der Liquiditätsdeckungsanforderung (LCR) gehaltene liquiden Aktiva dürfen verwendet werden. Gemäß Art. 414 CRR ist keine Genehmigung aber eine Anzeige erforderlich (vgl. hierzu auch EZB und BIS).

Kurzarbeit in regulierten Unternehmen

Es besteht grundsätzlich keine konkrete gesetzliche Beschränkung in Bezug auf die Einführung von Kurzarbeit auch in regulierten Unternehmen. Regulierte Unternehmen müssen aber insbesondere im Krisenfall ausreichende Steuerungs-, Kontroll- und Verwaltungsverfahren aufweisen und verhältnismäßig zur geminderten Geschäftstätigkeit geldwäscherechtlichen Risikomanagement- und Sorgfaltspflichten erfüllen. Gemäß AT 7.1 (Personal) der MaRisk hat sich die quantitative und qualitative Personalausstattung regulierter Unternehmen insbesondere an betriebsinternen Erfordernissen, den Geschäftsaktivitäten sowie der Risikosituation zu orientieren. Kurzarbeitsbedingte Abwesenheit von Mitarbeitern sollte daher nicht zu nachhaltigen Störungen der Risikomanagementpflichten führen.

Management operationeller Risiken

Auch in der Krise gilt für Institute das Gebot zur angemessenen Erfassung von Schadensfällen. Auf Basis der Risikoberichterstattung gemäß MaRisk BT 3.2 Tz. 6 ist zu entscheiden, ob und welche Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen zu treffen oder welche Risikosteuerungsmaßnahmen zu ergreifen sind.

D. Sonstige virulente Fragen

Des Weiteren sollten Sie die folgenden Fragen prüfen:

  • Welche Auswirkungen haben Annuitätenaussetzungen von bis zu zwei Monaten (60 Tage) aufgrund der Corona-Krise auf das Kreditportfolio und die Solvenz von Banken? Führen solche Tilgungsaussetzungen zu einer Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen? Die BaFin hat in Ihren FAQ eine Klarstellung veröffentlicht, welche aufsichtsrechtlichen Folgen einer Annuitätenaussetzung von bis zu zwei Monaten (60 Tage) bei Banken hat. Hier erfahren Sie mehr.
  • Fällt Ihr Unternehmen unter das angekündigte unbegrenzte Kreditprogramm? Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier haben ein Maßnahmenpaket in Milliardenhöhe vorgelegt, um die Folgen des Coronavirus zu bekämpfen. Sie kündigten ein unbegrenztes Kreditprogramm für Unternehmen an (LINK).
  • Profitiert Ihr Unternehmen von den steuerlichen Erleichterungen? Das BMF hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Regelungen erlassen, die für die von den Folgen der Corona-Krise betroffenen Steuerpflichtigen steuerliche Erleichterungen vorsehen. Von besonderer Bedeutung ist die Möglichkeit, Steuerforderungen zinslos zu stunden. Hier geht es zum BMF-Schreiben.

4. Arbeitsrechtliche Implikationen

Für den Arbeitgeber aber auch den Mitarbeiter hat die Ausbreitung des Corona Virus ebenfalls erhebliche arbeitsrechtliche Auswirkungen.

Fürsorgepflichten & Homeoffice

  • Aufgrund seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern muss der Arbeitgeber – ggf. unter Einbindung der Mitbestimmung - Maßnahmen ergreifen, um eine Ansteckung am Arbeitsplatz zu verhindern (z.B. Desinfektionsmittel in den sanitären Anlagen; Erteilung von Weisungen, wie das regelmäßige Händewaschen oder das Unterbleiben einer Begrüßung mit Händedruck).
  • Soweit der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nachkommt, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet, zur Arbeit zu erscheinen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können aber selbstverständlich einvernehmlich eine Arbeit im Homeoffice vereinbaren.
  • Mitarbeiter müssen sich bei einer Infektion umgehend beim Arbeitgeber krankmelden und aufgrund der besonderen Situation ausnahmsweise auch über die Art ihrer Erkrankung unterrichten. Im Falle einer solchen Erkrankung besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.
  • Im Fall einer Corona Virus-Erkrankung im Betrieb – oder auch wenn nur der diesbezügliche Verdacht besteht – sollte der Arbeitgeber das Gesundheitsamt einschalten.
  • Mitarbeiter in behördlich angeordneter Quarantäne, die nicht erkrankt sind, haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Sie erhalten aber eine Entschädigungszahlung vom Staat. Dieser zahlt der Arbeitgeber zwar aus, erhält sie aber vom Gesundheitsamt erstattet. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch ein Anspruch gemäß § 616 BGB gegenüber dem Arbeitgeber bestehen.

Kurzarbeit

Denkbar ist auch die Einführung von Kurzarbeit. Um Beschäftigte und Unternehmen zu unterstützen, ist im Eilverfahren die gesetzliche Grundlage geschaffen worden, um den Zugang zum Kurzarbeitergeld zu vereinfachen. Das Bundeskabinett hat nunmehr auch die entsprechende Verordnung beschlossen. Rückwirkend zum 1. März gelten erleichterte Zugangsregeln: Die Zugangsschwelle ist nach der Neuregelung bereits erreicht, wenn nur zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bislang musste das ein Drittel der Arbeitnehmer sein. Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden ("Minusstunden") vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes soll vollständig oder teilweise verzichtet werden können. Das geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden. Zudem können auch Leiharbeitnehmern Kurzarbeitergeld bekommen und die Bundesagentur für Arbeit erstattet künftig die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber normalerweise für ihre Beschäftigten zahlen müssen, vollständig. Nähere Informationen, die sie bei der Beantragung des Kurzarbeitergeldes (KUG) beachten sollten, können Sie unserem Beitrag zum Thema Kurzarbeit entnehmen.

Schul- und Kitaschließungen - Entschädigungsansprüche

Eltern, die wegen Schul- und Kitaschließungen nicht zur Arbeit können und finanzielle Einbußen hinnehmen müssen, sollen vom Staat mit bis zu 2016 Euro im Monat entschädigt werden. Die Regelung ist Teil eines umfangreichen Maßnahmenpakets zur Abfederung der Folgen der Corona-Krise, das am Montag vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht wurde. Ein entsprechender Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas soll demnach in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen werden. Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums soll die Entschädigung 67 Prozent des Nettoeinkommens, höchstens 2016 Euro im Monat, betragen. Voraussetzung sei, dass die Betroffenen keine anderweitige zumutbare Betreuung realisieren könnten- Der Bezug von Kurzarbeitergeld oder andere Möglichkeiten, der Arbeit fernzubleiben (z.B. Abbau von Zeitguthaben), soll den Entschädigungsanspruch ausschließen. Wir halten Sie hierzu weiter auf dem Laufenden.

5. Kartellrecht

Aufgrund des Corona-Virus stehen Unternehmen aktuell vor besonderen Herausforderungen. So beeinträchtigen vermehrt Lieferengpässe oder sogar Lieferausfälle das tägliche Geschäft. Um in dieser ungewissen Zeit und den damit verbundenen außergewöhnlichen Umständen die Verluste möglichst gering zu halten, spielen Kooperationen von Unternehmen und teilweise auch Wettbewerbern eine immer größere Rolle. So kann beispielsweise eine Kooperation angezeigt sein, um die Versorgung und die faire Verteilung von wesentlichen knappen Produkten und Dienstleistungen an alle Verbraucher zu gewährleisten.

Gemeinsame Erklärung des Netzwerks der europäischen Wettbewerbsbehörden (ECN)

Als Reaktion auf dieses Bedürfnis haben die Europäische Kommission, die EFTA-Überwachungsbehörde und die nationalen Wettbewerbsbehörden, die zusammen das Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden bilden, eine gemeinsame Erklärung zur Anwendung der Kartellvorschriften während der aktuellen Coronavirus-Krise herausgegeben. In dieser Erklärung wird erläutert, dass beispielsweise gegen notwendige und vorübergehende Maßnahmen nicht eingegriffen werde, wenn sie zur Vermeidung von Versorgungsengpässen eingeführt wurden. Das ECN geht ohnehin davon aus, dass solche Verhaltensweisen schon gar keine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art.101 AEUV darstellen oder ausreichende Effizienzvorteile bieten, die eine Beschränkung letztlich rechtfertigen würden.
Neben der Überwachung von Kooperationen erkennt das ECN aber auch die Notwendigkeit die Missbrauchsaufsicht von marktbeherrschenden Unternehmen nicht zu vernachlässigen. Gerade hinsichtlich der Produkte, die in der gegenwärtigen Situation als essenziell für den Schutz der Gesundheit der Verbraucher angesehen werden (z.B. Gesichtsmasken und Desinfektionsgel), besteht eine erhöhte Gefahr von Preismissbrauch. Das ECN weist daher darauf hin, dass es nach wie vor gegen Unternehmen vorgehen wird, die die derzeitige Situation durch Kartellbildung oder Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung ausnutzen.

Sollten Unternehmen Zweifel an der Vereinbarkeit ihrer geschäftlichen Aktivitäten mit dem EU-Wettbewerbsrecht haben, können sie sich jederzeit an die Kommission, die EFTA-Überwachungsbehörde oder die betreffende nationale Wettbewerbsbehörde (in Deutschland das Bundeskartellamt) wenden, um informelle Beratung zu erhalten.

Hilfestellung durch die Kommission

In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission eine gesondertes Emailpostfach (COMP-COVID-ANTITRUST@ec.europa.eu) eingerichtet, um auf besondere Anfragen schnellstmöglich reagieren zu können. Anfragen zu Kooperationen sollten möglichst detaillierte Informationen zu den betroffenen Unternehmen, Produkten/Dienstleistungen, dem Umfang der Zusammenarbeit, sowie den Vorteilen, die mit der Zusammenarbeit erreicht werden sollen, enthalten.  Am 8. April 2020 hat die Kommission zudem das Papier "Vorläufiger Rahmen für die Beurteilung kartellrechtlicher Fragen im Zusammenhang mit der Unternehmenskooperation als Reaktion auf dringende Situationen, die sich aus dem aktuellen Ausbruch von COVID-19 ergeben" veröffentlicht.

Weiterhin können wie gewohnt die Leitlinien der Europäischen Kommission für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Geschäftsvereinbarungen mit dem EU-Wettbewerbsrecht herangezogen werden (Vgl. insbesondere Leitlinien zu Art.101 Abs3 AUEV, horizontale und vertikale Gruppenfreistellungsverordnung).

Erklärung des International Competition Network

Auch das Leitungsgremium der bedeutendsten Vereinigung von Wettbewerbsbehörden weltweit, des International Competition Network (ICN) hat in einer ähnlichen Erklärung vom 09. April 2020 zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts während der Corona-Krise Stellung bezogen. So ist das ICN weiterhin bestrebt sich mit den nationalen Wettbewerbsbehörden über Ideen, Erfahrungen und bewährten Verfahren auszutauschen, um einen effektiven Wettbewerb zum Nutzen der Verbraucher und der Wirtschaft zu gewährleisten. Aus Sicht des ICN ist gerade die Förderung und der Schutz des Wettbewerbs entscheidend, um die Auswirkungen der Krise bestmöglich zu bewältigen und um eine geeignete Basis für die wirtschaftliche Erholung zu bilden. In diesem Sinne warnt die ICN vor wettbewerbsfeindlichen Kartellabsprachen, sowie dem Missbrauch von marktbeherrschender Stellung.

Fusionskontrolle

Fusionskontrollverfahren werden nach wie vor von den zuständigen Wettbewerbsbehörden durchgeführt. Die entsprechenden Fristen und Formalien gelten mithin unverändert. Dennoch empfehlen sowohl die Europäische Kommission als auch das Bundeskartellamt zurzeit von nicht notwendigen Anmeldungen abzusehen. Es sollte folglich in jedem Einzelfall geprüft werden, ob ein Vorhaben in der gegenwärtigen Situation durchgeführt werden muss.

Allerdings plant die deutsche Bundesregierung zurzeit eine Gesetzesänderung zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie im Wettbewerbsrecht und für den Bereich der Selbstverwaltungsorganisationen der gewerblichen Wirtschaft. In dem vorliegenden Gesetzesentwurf vom 23. April 2020 wird unter anderem beabsichtigt, die für das Fusionskontrollverfahren geltenden Prüffristen einmalig auf 2 Monate für Phase 1-Entscheidungen und auf 6 Monate für Phase 2-Entscheidungen zu verlängern. Die Verlängerung soll dabei nur Anmeldungen von Zusammenschlüssen in der Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Mai 2020 betreffen. Grund für die Verlängerung der Prüffristen ist, dass das Bundeskartellamt aufgrund der aktuellen Umstände nicht oder nicht innerhalb des üblichen Zeitrahmens in der Lage ist, angemessene Ermittlungen durchzuführen und die angemeldeten Zusammenschlüsse auf ihre wettbewerbsrechtliche Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Lauterkeitsrecht und Verbraucherschutz

Für Fragen zu unfairen Geschäftspraktiken und Fragen zum Verbraucherschutz sind die Wettbewerbsbehörden nicht zuständig. Solche Anfragen können direkt an die entsprechende Behörde geschickt werden:

  • Für Onlinekäufe: Online Dispute Resolution Platform
  • Für grenzüberschreitende Sachverhalte: European Consumer Centres Network
  • Sonstige nationale Streitschlichtungsstellen (in Deutschland beispielsweise die Verbraucherschutzzentrale)

 

6. Unternehmensführung und betriebliche Auswirkungen

Sie sollten stets prüfen, ob Ihr Unternehmen hinreichende Vorkehrungen getroffen hat, um etwaigen Reisebeschränkungen Rechnung zu tragen oder um ggf. Mitarbeiter zurückführen zu können:

  • Können Verträge ohne physische Anwesenheit unterzeichnet werden? Es sollte überprüft werden, ob in Ihrem Fall z.B. eine qualifiziert elektronische Signatur sinnvoll ist, um Risiken zu vermeiden.
  • Ist es auf Grundlage Ihrer Vereinbarungen zulässig, dass Vorstandssitzungen und Sitzungen der Geschäftsführung per Video- oder Telefonkonferenz abgehalten werden können?
  • Generell ist das Erfordernis von physischer Anwesenheit zu überprüfen, z.B. bei Test, Prüfungen etc.

7. Versicherung

Jedes von der Krise betroffene Unternehmen sollte unverzüglich untersuchen, ob die negativen finanziellen Folgen einer Betriebsunterbrechung infolge der COVID-19 bei einer Versicherung geltend gemacht werden können.

  • Es sollte dringend ermittelt werden, ob Versicherungsschutz besteht und ob sie alle Anforderungen der Policen erfüllen, zum Beispiel kann es eine Deckung für Betriebsunterbrechungsschäden geben, die durch die Schließung von Grenzen entstehen
  • Existiert ein Versicherungsschutz, z.B. Evakuierungsschutz für Angestellte.
  • Es sollte eine Überprüfung von Standardpolicen zur Vermeidung von Verlusten erfolgen, z.B. werden die Sorgfaltspflichten durch Ihr Unternehmen jederzeit eingehalten.

8. Allgemeines Risikomanagement

Zur Bewältigung der oben genannten Probleme können Unternehmen die folgenden Maßnahmen überdenken, um die Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit reduzieren:

  • Klare Zuweisung von Kommunikationsverantwortlichkeiten zur Verwaltung des Informationsflusses.
  • Überprüfung des Geschäftskontinuitätsplans des Unternehmens und Einrichtung eines zentralisierten Teams, das sich ausschließlich mit den Problemen befasst.
  • Unternehmen können in Erwägung ziehen, einen Vertreter aller relevanten Geschäftsfunktionen (z.B. Personal, Finanzen, Recht usw.) in das zentralisierte Team aufzunehmen.
  • Um für eine Verteidigung gegen Ansprüche von Vertragspartnern gewappnet zu sein, sollten Unternehmen die Einführung eines Dokumentenprotokolls in Erwägung ziehen, um die Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Entscheidungsfindung des Unternehmens zu belegen.
  • Wichtig ist auch, genaue und gründliche Aufzeichnungen über alle Verluste zu führen, die durch diese Ereignisse entstanden sind, um sicherzustellen, dass alle zukünftigen Ansprüche gegen die Gegenparteien in Bezug auf diese Verluste vollständig spezifiziert werden.

 

Kontakt

Wenn Sie Fragen haben oder wissen möchten, wie sich Covid-19 auf Ihr Geschäft oder Ihre Verträge auswirken könnte, können Sie uns sehr gerne jederzeit kontaktieren. Das Schalast Team steht Ihnen jederzeit zur Verfügung.