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Energierechtsexpertin zu Alarmstufe wegen Gasknappheit

24.06.2022, News

Gestern hat das BMWK die sogenannte Alarmstufe nach dem Notfallplan Gas ausgerufen: BMWK - Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ruft Alarmstufe des Notfallplans Gas aus – Versorgungssicherheit weiterhin gewährleistet

Die Vorwarnstufe war bereits Ende März erreicht. Diese nächste Stufe ist zunächst ein deutliches Warnsignal an Gaskunden und wird bei Energieversorgern und Unternehmen im produzierenden Gewerbe jetzt konkrete Vorbereitungsmaßnahmen auslösen. Noch nicht formal festgestellt ist eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland. Diese Feststellung kann Sonderpreisanpassungsrechte in den bestehenden Gaslieferketten auslösen. Noch sind keine Zwangs-Eingriffe in den Verbrauch von Endkunden zu erwarten, wobei betont werden muss, dass jede freiwillig genutzte Einsparmöglichkeit von Gasverbrauch helfen kann, die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen.

Was bedeutet die Alarmstufe für Gaslieferanten?

Derzeit ist die Versorgungssicherheit noch gewährleistet, das bedeutet aber nicht, dass auch alle im deutschen Markt geschlossenen Lieferverträge dauerhaft erfüllt werden können. Muss in der Lieferkette wegen der reduzierten Importmengen eine Ersatzbeschaffung durchgeführt werden, geschieht dies zu aktuellen (sehr hohen) Marktpreisen. Diese Mehrkosten können Lieferanten an den Kunden außerhalb des Vertrages weitergeben, sobald die BNetzA die erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen festgestellt und das BMWK diese veröffentlicht hat. Ist der Kunde selbst Gaslieferant, kann er seinen Mehraufwand dann ebenfalls an seine Kunden weitergeben, soweit angemessen.

Die Anpassung muss nachvollziehbar begründet werden, ein pauschaler Verweis auf die (noch nicht erfolgte) Feststellung allein wird nicht ausreichen.

Was bedeutet die Alarmstufe für Gasnetzbetreiber?

Noch greifen marktbasierte Instrumente für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit, d.h. freiwillige Leistungen von Marktteilnehmern. Reicht das nicht mehr aus und wird die Notfallstufe ausgerufen, kann die Bundesnetzagentur durch Verfügungen z.B. gewerbliche Letztverbraucher zur Einschränkung ihres Gasverbrauches verpflichten. Hintergründe und mögliche Maßnahmen findet man hier.

Was bedeutet die Alarmstufe für Endkunden, die Gas verbrauchen?

Preissteigerungen sind erst nach der Feststellung durch das BMWK zu erwarten. Dann dürfen Gasversorger – sofern die Voraussetzungen in der Lieferkette vorliegen – Mehrkosten einer Ersatzbeschaffung mit einer Ankündigungsfrist von einer Woche weitergeben. Damit wird sichergestellt, dass die Verteilung von Gas trotz der Krise durch Erhalt der betroffenen Unternehmen weiterhin möglich bleibt. Ohne diesen Mechanismus besteht die Gefahr flächendeckender Ausfälle von Gasversorgern, die zur Versorgung insb. privater Endkunden verpflichtet sind. Betroffene Kunden können ein Sonderkündigungsrecht ausüben. Da derzeit wenig Anbieter im Markt aktiv sind, birgt aber auch das ein Risiko.

 

Insgesamt steht der deutsche (und europäische) Gasmarkt im Moment vor einer nie dagewesenen Herausforderung. Politische Hilfsmittel, wie Möglichkeit zur außerordentlichen Preisanpassung, mögen dabei einseitig belastend aussehen. Sie helfen aber, zum einen die Unternehmen zu erhalten, die insbesondere lokal für die Aufrechterhaltung der Versorgung zuständig sind, zum anderen helfen sie den Wettbewerbsmarkt in seiner Vielfalt zu sichern.