„INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“ wurde kurzfristig beschränkt
16.03.2022, News
Förderung von innovativen Unternehmen, Stärkung der Innovationsförderung, Mobilisierung von (privatem) Wagniskapital – so die ambitionierten Ziele des Koalitionsvertrages. Leider sieht die Realität in dieser noch jungen Legislaturperiode erst einmal ernüchternder aus:
Zum 1.März hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) kurzfristig erhebliche Einschränkungen der Förderbedingungen für das in der Praxis beliebte Förderprogramm “INVEST – Zuschuss für Wagniskapital” umgesetzt. Nur für die bis zum 28.02.2022 eingegangene und bewilligungsfähige Förderanträge gelten noch die bisherigen Förderbedingungen.
Das BMWK fördert seit Mai 2013 mit dem INVEST-Programm erfolgreich Investitionen von Privatpersonen, vor allem Business Angels, in innovative Startups mit steuerfreien Zuschüssen. Die Intention des Förderprogramms ist so einfach wie sinnvoll: Startups scheitern häufig in der Anfangsphase, weil ihnen das nötige Wagniskapital fehlt. Dies Finanzierungslücke will das Förderprogramm INVEST schließen, indem es Anreize für die Investition privaten Kapitals schafft. Dabei galt grundsätzlich, dass der private Investor 20% des Ausgabepreises seiner Anteile als Erwerbszuschuss zurückerstattet bekommt. Die nunmehr eingeführten Kürzungen wirken sich ab dem 01.03.2022 wie folgt aus:
- Um den INVEST Zuschuss beantragen zu können, muss der Investor dem Startup nunmehr ein Investment von mindestens EUR 25.000 statt bisher EUR 10.000 zur Verfügung stellen. Ist die Zahlung an die Erreichung von Meilensteinen durch das Startup geknüpft, muss jede einzelne Zahlung des Investors diesen Schwellenwert erreichen. Investments von weniger als 25.000 Euro sind daher ab sofort nicht mehr förderfähig.
- Zudem sind ab sofort sind (wieder) ausschließlich Erstinvestitionen förderfähig. Anschlussinvestitionen sind daher ab sofort nicht mehr förderfähig.
- Der Zuschuss für die Gewährung von Wandeldarlehen wurde auf die Hälfte des bisherigen Zuschusses (20%) gekürzt und beträgt ab sofort nur noch 10%. Bei Investitionen in Form einer offenen, direkten Beteiligung mit einer geforderten Mindesthaltedauer von drei Jahren beträgt der Erwerbszuschuss weiterhin 20%.
Hintergrund der überraschenden Einschränkungen war der große Erfolg des Förderprogramms. Das Programm ist zurzeit bis zum 31.12.2022 terminiert. Weil es von den Investoren sehr gut angenommen wurde, wurde befürchtet, dass die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel von insgesamt ca. EUR 45 Mio. für weitere Anträge unter den bisherigen Bewilligungsbedingungen nicht bis zum Ende des Förderprogramms ausreichen. Die Förderbedingungen wurden daher kurzfristig an die Haushaltsnotwendigkeiten angepasst.
Die Kürzungen des Programms haben für viel Unmut in der Startup- und Angelszene gesorgt.Es wird seitens der Startupszene befürchtet, dass die Kürzungen dazu führen, dass innovative Startups nunmehr noch schwerer Wagniskapital mobilisieren können, was im direkten Konflikt zu den Zielen des Koalitionsvertrages stünde. Besonders problematisch wird dabei der Wegfall der Förderung von Anschlussfinanzierungen gesehen. Erstfinanzierungen fallen oft noch relativ niedrig aus. Für weitere Runden mit höheren Beträgen fällt dieser Förder-Anreiz nunmehr weg, was es Startups schwerer macht, Bestandsinvestoren von einer weiteren Finanzierung zu überzeugen.
Im Wesentlichen wird aber die Art und Weise der Einführung dieser Änderungen kritisiert; und dies sicherlich nicht ganz unberechtigt. Mit einem ausreichenden Planungshorizont wären die Kürzungen sicherlich besser vermittelbar gewesen. Viele Investoren haben ihre Folgeinvestments bereits in früheren Finanzierungsrunden eingeplant und sind dabei berechtigterweise davon ausgegangen, dass sie auch für die Folgeinvestments die Förderung erhalten. Diese wurden von den kürzlichen Änderungen überrascht und sind teilweise zum Umdenken gezwungen. Auch scheinen Auswirkungen auf laufende Finanzierungsrunden nicht ausgeschlossen, wenn das Startup hier den (Co-)Investoren die Förderfähigkeit des Investments zugesagt hat und diese Zusage kurzfristig nicht mehr gehalten werden kann.
Eine Alternative zu der nunmehr durchgeführten Erhöhung der Mindestinvestitionssumme wäre eventuell die Einführung einer Höchstfördersumme gewesen. Angesichts der Alternative des vorzeitigen Endes des Programms vor dem 31.12.2022 sind die eingeführten Änderungen jedoch grundsätzlich nachvollziehbar und sicherlich das kleiner Übel. Wichtiger erscheint indessen, dass nunmehr daran gearbeitet wird, dass Förderprogramm über den 31.12.2022 hinaus fortzuführen. Eine solche Fortführung würde auch den Zielvorgaben des Koalitionsvertrages im Rahmen der Startupstrategie wieder entsprechen.