Schalast | Distributed Ledger Technologie im Finanzbereich

Der absehbar vermehrte Einsatz von Distributed Ledger Technologie im Finanzbereich hat unter verschiedenen Gesichtspunkten Auswirkungen auf unsere Mandanten:

Einerseits reagieren sowohl der Deutsche als auch der Europäische Gesetzgeber auf den Einsatz von Distributed Ledger Technologie durch private Anbieter, andererseits hätte eine mögliche Einführung von auf Distributed Ledger Technologie basiertem, digitalem Zentralbankgeld potenziell gravierende Konsequenzen:

Regulierung von Kryptowerten im Kreditwesengesetz

Im Rahmen der Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie (EU) 2018/843 wurden Kryptowerte in den Kreis der regulierten Finanzinstrumente im Sinne des Kreditwesengesetz (KWG) aufgenommen. Sofern Distributed Ledger Technologie basierte Token als Tausch- oder Zahlungsmittel, oder Wertanlagezwecken dienen, gelten für diese somit dieselben Vorschriften wie für traditionelle Finanzinstrumente: Sie dürfen grundsätzlich nur noch mit Hilfe eines regulierten Unternehmens zum Beispiel verwahrt, verwaltet oder vermittelt werden.

Entsprechende Unternehmen mit der erforderlichen technischen und regulatorischen Kompetenz sind noch kaum etabliert: Absehbar ist möglicherweise ein Wettbewerb um die effizientesten, kundenfreundlichsten Anbieter, die den Marktteilnehmern Schutz, Legitimität und Sicherheit versprechen (race to the top). Die Kehrseite der Medaille könnte ein Wettbewerb zwischen den europäischen Gesetzgebern um die geringsten regulatorischen Anforderungen sein (race to the bottom). In einem solchen Wettbewerb stehen reine FinTech Unternehmen und etablierte Banken auch mit ausländischen Krypto-Börsen in Konkurrenz. Hierbei haben Marktteilnehmer zu beachten, dass das Passporting einer Kryptoverwahr-Erlaubnis (noch) nicht möglich ist und Krypto-Asset-Anbieter der Erlaubnis der deutschen Aufsichtsbehörden bedürfen, um den deutschen Markt anzusprechen.

Der deutsche Gesetzgeber hat als erster nationaler Gesetzgeber die EU-Anforderungen an Krypto-Assets in nationales Recht umgesetzt. Zwar wird Deutschland nicht der einzige Staat bleiben, aber so eröffnet sich zumindest die Möglichkeit für deutsche Krypto-Asset-Anbieter, sich auf dem europäischen Markt günstig zu positionieren.

EU-Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCAR)

Neben die nationale (deutsche) Regulierung von Kryptowerten tritt voraussichtlich in Q3 2022 die EU-Verordnung über Märkte für Kryptowerte. Sofern Distributed Ledger Technologie basierte Token dieser unterfallen, dürfen diese dann grundsätzlich nur noch von regulierten Unternehmen emittiert und Dienstleistungen bezüglich dieser ebenfalls nur noch von zugelassenen Unternehmen erbracht werden. Für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereit in Umlauf befindliche Token sowie zu diesem Zeitpunkt bereits tätige Dienstleister gelten Übergangsvorschriften.

Digitales Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC)

Während die Europäische Zentralbank die Einführung eines digitalen Euro für das Jahr 2025 anvisiert, hat die People's Bank of China als erste bedeutende Zentralbank im April 2021 - vorerst testweise und auf 500.000 Teilnehmer beschränkt - eine digitale Zentralbankwährung bereits in Umlauf gebracht.

Der disruptive Charakter dieser Entwicklung ergibt sich weder aus der Tatsache, dass Zahlungsmittel „digitalisiert“ werden (bereits gegenwärtig ist der Großteil der in Umlauf befindlichen Zahlungsmittel auf digital geführten Konten gespeichert) noch aus der Möglichkeit von Echtzeitüberweisungen (solche sind etwa per SEPA Instant Payment bereits heute technisch möglich und werden von immer mehr teilnehmenden Banken auch durchgeführt).

Zu grundlegenden Umwälzungen würde digitales Zentralbankgeld vielmehr deswegen führen, weil es nach Plan direkt auf Konten der Zentralbanken verwaltet werden soll und damit nicht mehr durch Privatbanken als Kredit ausgereicht werden könnte. Dies hätte ein Finanzsystem zur Folge, welches anders als das derzeitige nicht mehr auf Einlagen- und Kreditgeschäft betreibenden Privatbanken beruhen würde.

Dies könnte dazu führen, dass in Zukunft Debt-Fonds, nachdem ihnen regulatorisch nicht nur der Ankauf von Forderungen, sondern auch die Möglichkeit der Kreditvergabe selbst eröffnet wurde, eine noch zentralere Funktion einnehmen werden.

Außerdem könnte diese Entwicklung dem grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr einen Schub verleihen, wodurch es deutschen Unternehmen erleichtert wird, auf ausländischen Märkten aktiv zu werden und international wettbewerbsfähig(er) zu werden. Eine solche Entwicklung wäre für den exportorientierten deutschen Markt enorm wichtig.

Neben der Begeisterung und den Chancen, die mit der Einführung digitaler Zentralbankwährungen einhergingen, sind noch einige Fragen zu klären. Die Euro-Mitgliedstaaten scheinen sich dieser Fragen angenommen zu haben und sind sich darüber einig, dass insbesondere die Aspekte Datenschutz und Cybersicherheit angemessen berücksichtigt werden müssen.