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Mindestgröße als Einstellungsvoraussetzung

26.02.2018, News

In einigen Berufen, sei es im öffentlichen Dienst aber auch außerhalb, gelten Mindestkörpergrößen als Einstellungsvoraussetzungen. Dies hat zur Folge, dass einige Bewerber schon allein aus diesem Grund abgelehnt werden, ohne dass es zu einer Betrachtung der weiteren Eigenschaften bzw. Fähigkeiten des Bewerbers kommt. Deswegen wird nicht nur in Deutschland diskutiert, ob die Vorgabe einer Mindestgröße eine mittelbare geschlechtsbedingte Diskriminierung darstellt.

EuGH: Einheitliche Mindestgröße ist geschlechtsbedingte Diskriminierung

Der EuGH nahm hierzu bereits im vergangenen Herbst Stellung (EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2017, C-409/16), als er in einem griechischen Vorlagefall entschied, dass eine einheitlich für Männer und Frauen geltende Mindestgröße von 170 cm für den Polizeidienst eine mittelbare geschlechtsbedingte Diskriminierung weiblicher Bewerber darstelle. Gemäß den Auswahlvorgaben müssen Bewerber und Bewerberinnen eine Größe von mindestens 170 cm ohne Schuhe erreichen. Aufgrund ihrer Größe von 168 cm wurde die Klägerin Frau Maria-Eleni Kalliri abgelehnt. Erstinstanzlich gewann sie. In der Berufung wurde das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt.

Der EuGH führte in seiner Entscheidung aus, dass diese mittelbare Diskriminierung jedoch nicht per se verboten ist. Wenn ein rechtmäßiges Ziel erreicht werden soll und die Mittel angemessen und erforderlich sind, stelle die Regelung einer Mindestkörpergröße keine verbotene Diskriminierung dar. So etwa auch dann, wenn damit das Ziel, die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren der Polizei, erreicht werden soll. Ob es dazu angemessen und erforderlich ist eine Mindestkörpergröße festzusetzen, lässt der EuGH in seiner Entscheidung offen. Dies zu prüfen, sei Sache des vorlegenden Gerichts. Denn es gibt etwaige andere Polizeiaufgaben wie beispielsweise der Beistand für den Bürger, bei denen eine Mindestkörpergröße von 170 cm nicht unbedingt erforderlich ist.

Diskriminierung auch durch unterschiedliche Richtwerte

Aber nicht nur eine einheitliche Mindestkörpergröße für alle Bewerber kann zu einer Benachteiligung führen, sondern ebenso unterschiedliche Mindestkörpergrößen von Frauen und Männern. So sehen einige Bundesländer für weibliche Polizeianwärterinnen und männliche Polizeianwärter unterschiedliche Richtwerte vor. Die Mindestgröße für männliche Polizeianwärter beträgt dabei regelmäßig einige Zentimeter mehr als bei weiblichen Polizeianwärterinnen, da Männer im Durchschnitt größer als Frauen sind. Hierdurch soll vor allem der Zugang für weibliche Bewerberinnen ermöglicht bzw. erleichtert werden, um auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu entsprechen.

Allerdings benachteiligt dies die männlichen Bewerber, da die Verwaltung durch eine niedrigere Größenvorgabe für die weiblichen Bewerber zugesteht, dass diese geringere Mindestgröße für den Polizeidienst ausreichend sei. Geklagt hatte ein Mann aus Essen, der mit 166 cm zunächst von der Polizei als zu klein abgelehnt wurde, obwohl Frauen bereits ab einer Größe von 163 cm zugelassen werden. Der Kläger war erfolgreich. Damit gibt es keine sachliche Rechtfertigung der Mindestgröße für Männer.

Mindestgrößen außerhalb des öffentlichen Dienstes

Wie eingangs erwähnt, gibt es allerdings auch Mindestgrößen außerhalb des öffentlichen Dienstes, wie beispielsweise bei der Schulung zum Flugzeugführer. Auch hier ist eine Mindestgröße Auswahlvoraussetzung bei den Bewerberinnen und Bewerbern. So sehen Tarifverträge vor, dass für den Zugang zur Pilotenausbildung eine gewisse Mindestgröße bestehen muss. Erforderlich sei die Mindestgröße um die Sicherheit des Flugverkehrs zu gewährleisten, da die luftverkehrsrechtlichen Vorgaben eine „ausreichende Körpergröße" verlangen.

Fazit

In Deutschland stellt Art. 33 Abs. 2 GG sicher, dass nur geeignete Bewerber in den Polizeidienst zugelassen werden. Aber ob die Ablehnung einer Bewerberin oder eines Bewerbers allein schon wegen der mangelnden Körpergröße zu erfolgen hat, scheint aufgrund der ergangenen Urteile als fragwürdig. Mindestgrößen als Einstellungsvoraussetzung bestehen auch aus Gründen der Sicherheit. Dies ist dadurch begründet, dass die Polizei in der Lage sein soll Leib und Leben von allen Mitbürgern zu schützen. Sie sollen wegen ihrer Körpergröße nicht als unterlegen wahrgenommen werden. Jedoch sollten Einzelfallentscheidungen bei Bewerbern zugelassen werden, die die Mindestgröße nur um wenige Zentimeter unterschreiten. Durch ergänzende Eignungstests können diese Bewerber ihre mangelnde Körpergröße durch andere Fähigkeiten ausgleichen und somit zeigen, dass sie den Anforderungen des Polizeidienstes gewachsen sind.