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Die Kapitalanlage der Versicherungen im Blickfeld der BaFin

08.10.2020, Germany, Frankfurt

Die Politik der Kapitalanlage von Versicherern bewegt sich im Spannungsfeld einer historischen Niedrigzinsphase, dem Ziel einer attraktiven Rendite und den regulatorischen Vorgaben. Zu letzteren erfolgt hier die Analyse einer aktuellen, für die Praxis wichtigen Auslegungsentscheidung der BaFin vom 13. Juli 2020.

I. Einführung

Nachdem die BaFin zum 01. Januar 2016 ihre „Auslegungsentscheidung zum Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht (Prudent Person Principles, PPP)" veröffentlicht hatte, ist seit 13. Juli 2020 ihre Auslegungsentscheidung zu den „Anlagenentscheidungen im Interesse der Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten und Umgang mit Interessenkonflikten im Rahmen des Grundsatzes der unternehmerischen Vorsicht (§ 124 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und 4 VAG)" zugänglich.

Diese neue Auslegungsentscheidung bietet für die Praxis der Kapitalanlage von Versicherern wertvolle Parameter. Die Auslegungsentscheidung aus dem Jahr 2016 greift zwar in ihrer Leitlinie 31 das Thema „Interessenkonflikte" auf, beschränkt sich inhaltlich aber auf einige wenige Sätze. Diese „Lücke" füllt die nun veröffentlichte Auslegungsentscheidung, auch wenn sie „lediglich" Teil von Level 4 in der Säule II, also dem Governance-System von Solvency II ist.

II. Inhaltliche Vorgaben

Ihr Ausgangspunkt ist der in § 124 Abs. 1 Satz 1 VAG gesetzlich normierte Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht. Die gesamten Vermögenswerte eines Versicherers sind nach diesem Grundsatz anzulegen. Kommt es zu einem Interessenkonflikt zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer, so hat die Anlage nach der gesetzlichen Regelung im Interesse des Versicherungsnehmers zu erfolgen.

Dazu verlangt die BaFin entweder eine eigene (Unternehmens-) Richtlinie zu Interessenkonflikten oder die Integration geeigneter Maßnahmen in bereits bestehende Prozesse. Eine wesentliche Rolle weist die BaFin dabei dem Proportionalitätsprinzip zu. Je stärker ausgeprägt das Risikoprofil des Versicherers ist, desto aufwändigere Strukturen können erforderlich sein.

Dabei verlangt die BaFin in einem ersten Schritt die Identifizierung von Bereichen bzw. Situationen, in denen Interessenkonflikte bei der Kapitalanlage entstehen können. In einem nächsten Schritt sind die Auswirkungen der Konflikte auf das Unternehmen und die Versicherten zu analysieren.

In der weiteren Umsetzung verlangt die BaFin Vorfeld-Maßnahmen, eine Risikoberücksichtigung sowie Offenlegungs- und Berichtspflichten. Dabei obliegt es dem Risikomanagement, die Interessen der Versicherten schon bei den Anlagegrundsätzen des Unternehmens zu schützen.

Die BaFin betont mehrfach, dass bei konkreten Transaktionen, die potenziell einen Interessenkonflikt aufweisen, dem arm's-length-Prinzip Genüge zu tun ist. Mehrfach findet sich in der Auslegungsentscheidung der Hinweis auf „marktgerechte Preise" sowie das „ordentlich und gewissenhaft handelnde Unternehmen".

Nicht zuletzt macht die BaFin darauf aufmerksam, dass dem Interesse der Versicherten auch bei Auslagerungen Rechnung zu tragen ist. Abschließend geht die BaFin auf die spezifischen Umstände insbesondere bei fondsgebundenen Lebensversicherungen ein. Die entsprechenden Anlageprodukte sind im Interesse der Versicherten auszuwählen.

III. Praxistipp

Zusammenfassend stellt diese Auslegungsentscheidung detaillierte Anforderungen an die seitens des Unternehmens vorzunehmenden Maßnahmen bei Interessenkonflikten. Kennzeichnend ist die dynamische Struktur. Dies bedeutet für die Praxis, dass die gesetzten Grenzen laufend zu überwachen und gegebenenfalls anzupassen sind.

Die Entwicklung der insoweit einschlägigen regulatorischen Vorgaben verfolgen wir weiter und werden dazu unterrichten.